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Viel Doppelmoral bei den TOP 100 DJs

Kommentar zum DJ Mag Top 100 Voting

(Geschätzte Lesezeit: 3 - 5 Minuten)

Kommentar - Viel wurde geschrieben. Viel wurde diskutiert und am meisten wurde kritisiert. Das diesjährige Voting von DJ Mag, genannt „TOP 100“, hat durch den Sieg des belgischen Duos Dimitri Vegas & Like Mike für mehr Furore gesorgt, als man aus den letzten Jahren gewöhnt war.

Der Grund: Dimitri Vegas & Like Mike haben dieses Jahr das Voting gewonnen. Dies gelang durch steigende Popularität ihrerseits (Gründe hierfür sind vielseitig), einer ganzen Menge (Cross-)Promotion auf ihre sozialen Kanälen (allem voran Facebook) und jungen Damen mit iPads.

Nicht zu vergessen: Die beiden sind auch für geklaute, ghost-produced Tracks bekannt, die sie in der Vergangenheit produziert haben. Und entsprechend klangen dann auch die Stimmen aus der EDM-Welt zum Sieg der beiden.

 

Auf einem Auge blind

So weit der aktuelle Stand. Mittlerweile scheinen aber viele vergessen zu haben, dass auch Nicky Romero oder Steve Aoki haben fernab von Electronic Dance Music für sich geworben werben lassen haben. Eigene 8-bit Spiele, ganz viel Cross-Promotion auf sozialen Netzwerken und so weiter. Das Übliche halt.

Aber weil die nicht gewonnen haben, beschwert sich auch k(aum) einer. Und das ist genau der üble Beigeschmack von Doppelmoral, den ich bemerke, wenn ich Möchtegern-Intelligente-Kommentare zu der Thematik á la „Garrix hätte den ersten Platz viel mehr verdient als Dimitri Vegas & Like Mike“ oder „Das Voting zeigt nicht, wer der beste DJ ist“.

 

Das Problem sind nicht Dimitri Vegas & Like Mike

Ganz im Ernst: Hätte sich auch nur irgendjemand über das System beschwert, wenn Martin Garrix gewonnen hätte? Hätte sich auch nur irgendjemand ansatzweise über das System beschwert, wenn KSHMR gewonnen hätte? Nein, natürlich nicht.

Okay, die haben sich meines Wissens auch nicht so aggressiv selbst promoten lassen, aber das ändert am Ende auch nichts an dem äußerst fragwürdigen System des Votings.

Denn das Problem sind nicht Dimitri Vegas & Like Mike oder dessen Platzierung, sondern das Voting an sich. Gut, sie mischen dabei ordentlich mit, aber das macht jeder in der Liga und das System der „TOP 100“ wird dadurch auch nicht weniger fragwürdig. Das Problem ist das Voting und damit verbunden die Reaktion(en) der Menschen.

Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn einer das Voting explikativ, öffentlich und reichweitenstark kritisiert. Aber wer das Voting kritisiert, merkt offenbar nicht, dass er es weiterhin unterstützt. Denn es basiert auf Popularität. Die Ergebnisse reflektieren bloß, wer am meisten Menschen mobilisieren kann und genau dadurch erlangt das Voting auch solch hohe Aufmerksamkeit.

Ihr beschwert euch über das System, merkt aber zeitgleich nicht, dass ihr es genau dadurch nährt und gewährleistet, dass auch nächstes Jahr solch ein Voting mit solch einer Reichweite stattfindet. Wenn ihr das Voting (und deren Ergebnisse) nicht ernst nehmen wollt oder könnt, dann ignoriert es!

Aber wer gerade dann und auch nur dann rumheult, wenn ihm etwas nicht passt und sonst still ist, verliert jegliche Glaubwürdigkeit. Doppelmoral nennt man das auch.

Dieses Voting wäre absolut irrelevant und wertlos, wenn keiner mehr darüber berichten würde (gut, dieser Artikel zählt wohl in einem bestimmten Grad wohl selbst dazu, aber es ist auch einer der ersten, der genau diesen Punkt anspricht). Denn selbst negative Promotion ist gute Promotion (siehe auch die Anfänge von Rockstar’s Grand Theft Auto-Serie und dessen Aufnahme in den Medien) und verhilft dem DJ Mag dazu, auch weiterhin teure Werbedeals mit 7up schließen zu können.

 

Was am Ende zählt

Ich kann verstehen, dass sich manche beschweren, Dimitri Vegas & Like Mike würden nicht unsere Szene nicht richtig repräsentieren (können). Stimmt, Martin Garrix mit seinem beispiellosen Raketenaufstieg oder Hardwell mit seinen hochqualitativen Tracks wären in dieser Hinsicht sicher besser auf dem Thron auf der Nummer 1 aufgehoben.

Aber auch hier frage ich mich erstens: Was genau soll repräsentiert werden? Live-Mixing auf großen Mainstages? Macht keiner von denen. Das Produzieren hochqualitativer Tracks? Macht jeder von denen (bei Dimitri Vegas & Like Mike muss man zahlreiche IDs für einen fairen Vergleich hinzuziehen). Das widerspricht sich in meinen Augen ist aber auch schon fast ein anderes, ganz großes Thema.

Aber am Ende bringt das sowieso alles nichts, denn was oft geklickt wird (zum Beispiel die Ergebnisse des Votings) hat auch irgendwo seine Daseinsberechtigung - irgendwo, ganz weit weg von einem vertretbaren Voting oder auch nicht-kommerzieller Industrie.

In der Welt der namenhaften Produzenten, gibt es keinen David Hain der so etwas hinterfragt, eigene Ansichten kritisch beäugt und notfalls auch gegen den Strom schwimmt (und somit weniger Geld macht) (siehe auch, die Meinungen der DJs zum Ghost-Producing).

Oder mit anderen Worten: Solange kein Namenhafter wirklich mal Klartext spricht und alle dieses mit Aufmerksamkeit Voting weiterhin unterstützen, solange viel geschrieben und diskutiert wird, solange wird sich an dem Ganzen auch nichts ändern.

Vielleicht zählt am Ende aber dann auch doch nur die Musik, der einzelne, hochqualitativ-produzierte und gelungene Track (von Hardwell, KSHMR, Garrix.. oder Dimitri Vegas & Like Mike).

Hierbei handelt es sich um einen Gastbeitrag von Christian Lütgens. Wenn ihr konstruktiv Kritik üben oder sachlich diskutieren wollt: Twitter-> @chrrischii

Kommentar zu den DJ Mag TOP 100

 

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Über den Autor
Christian Lütgens
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