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Versteckte Kosten bei Festivaltickets - Geht's noch?

(Geschätzte Lesezeit: 3 - 5 Minuten)

Versteckte Kosten bei Festivaltickets - Geht's noch?Beim Kauf von Festivaltickets trifft man oft auf versteckte Kosten.

Als wir diese Woche unsere Tickets für das kommende Ultra Music Festival 2019 in Miami vorbestellten, traf uns kurzzeitig der berühmte Schlag. Zu den mit mindestens 300 US-Dollar ohnehin recht teuren Tickets gesellten sich Versandkosten sowie eine „Bearbeitungsgebühr“ von insgesamt fast 100 weiteren US-Dollar. Damit wurde beim Bezahlvorgang ohne jede Vorwarnung gleich ein Drittel des eigentlichen Einkaufswertes auf dem Kaufpreis aufgeschlagen. Unsere erste Reaktion darauf steht im Titel dieses Artikels, die zweite Reaktion darf man getrost als „typisch deutsch“ abstempeln: „Dürfen die das überhaupt?!“ In Zeiten, in denen an jeder Ecke etwas über ein „hohes Verbraucherschutzniveau“ zu lesen ist, darf so etwas doch gar nicht vorkommen, oder? Und unlauteres Geschäftshandeln ist das doch auch, oder etwa nicht? Eine Übersicht. 


Verbraucherschutz

Die erste Frage, die sich dem gewitzten Verbraucher stellt, ist, ob es nicht gegen jede einzelne verbraucherschutzrechtliche Regelung verstoßen muss, seine Ware unter der Angabe eines bestimmten („niedrigen“) Preises zu bewerben - und dann völlig unvermittelt doch nochmals ein Drittel aufzuschlagen. Verbraucherschutz ist nicht erst seit gestern ein eminent wichtiges Thema, insbesondere in der Europäischen Union. Es vergeht kaum ein Monat, in dem der Europäische Gerichtshof kein Urteil in diesem Bereich fällt. Besonders interessant könnte hierbei eine Entscheidung aus dem Jahr 2016 sein, in der das Gericht feststellte, dass der beworbene Verkaufspreise einer Ware „[a]ls Endpreis [...] notwendigerweise die unvermeidbaren und vorhersehbaren Bestandteile des Preises enthalten [muss], die obligatorisch vom Verbraucher zu tragen sind und die Gegenleistung in Geld für den Erwerb des betreffenden Erzeugnisses bilden“. Im vorgelegten Fall ging es um einen Autoverkauf, auf den ohne Vorwarnung knapp 800 Euro Überführungskosten aufgeschlagen wurden.

Tatsächlich handelt es sich bei dieser Erkenntnis um einen verbraucherschutzrechtlichen Grundsatz der Europäischen Union, der sich in Dutzenden vollharmonisierend (also EU-weit einheitlich) umgesetzten Richtlinien wiederfindet. Wer einen Flug bucht, der möchte von Beginn an über den volen Flugpreis informiert werden und sich nicht erst kurz vor der Bezahlung dem kalten Grausen gegenübersehen.

Das ganze gibt es natürlich nicht nur von der hohen Warte des Europäischen Gerichtshofs, sondern auch in Deutschland hat mehr als ein Richter etwas gegen solche Geschäftspraktiken. Der Ticket-Dienstleister Eventim schlug beispielsweise auf jedes verkaufte Ticket für die AC/DC-Welttournee eine Versand- und Bearbeitungsgebühr von knapp 30 Euro für den „Premiumversand“ auf, wer sich sein Ticket daheim ausdrucken wollte, hatte dennoch eine fast schon obszöne „Servicegebühr“ von 2,50 Euro zu bezahlen. Das Oberlandesgericht Bremen hat die entsprechenden AGB-Klauseln für unwirksam erklärt - der überhöhte „Premiumversand“ war nach Ansicht der Richter zu wenig transparent ausgewiesen, und bei der „Servicegebühr“ handelt es sich um zusätzliche Kosten für eine „Grundleistung“ des Geschäfts, für die kein vernünftiger Verbraucher je einen Preisaufschlag erwarten würde. Abschließend geklärt ist diese Frage freilich noch nicht, da Eventim Revision eingelegt hat - der Fall kommt also demnächst nochmals vor dem Bundesgerichtshof zur Verhandlung.

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Unlauteres Handeln?

Tatsächlich gibt uns das Recht des unlauteren Wettbewerbs gleich mehrere Mittel gegen solches Gebaren. Eines davon ist § 5a III Nr. 3 UWG, demzufolge der Gesamtpreis eine wesentliche Angabe darstellt, deren Vorenthalten unlauteres Handeln ist - immerhin wird der Verbraucher zuerst über den Preis getäuscht und erst spät vor vollendete Tatsachen gestellt. Ein anderes ist die sogenannte Preisangabenverordnung, der zufolge alle Preise in der Werbung unter Berücksichtigung aller relevanten Bestandteile anzugeben sind. Der Bundesgerichtshof hat dazu beispielsweise entschieden, dass eine zusätzliche Servicegebühr, die für jede beanstandungsfrei an Bord eines Kreuzfahrtschiffs verbrachte Nacht zu entrichten ist, wettbewerbswidrig sei - die Gebühr entfällt nicht für eine freiwillig vom Kunden zugebuchte Leistung, sondern für ein standardmäßiges Element seiner Buchung, und ist deswegen ein Teil des Gesamtpreises - Werbung mit dem Preis ohne die Servicegebühr ist also unlauter. Selbstverständlich gibt es noch Myriaden weiterer Wege, zu diesem Ergebnis zu gelangen, aber es würde wohl den Rahmen dieser Kolumne sprengen, jede einzelne Vorschrift in diesem Zusammenhang zu benennen. Daher kommen wir zum...


Fazit

Klar, von der hohen juristischen Warte auf das Problem hinabzuschauen und sich darüber zu freuen, dass diese oder jene Preisangabe verbraucherschutzwidrig oder unlauter ist, kann befriedigend wirken, aber was haben wir Festivalticketkäufer nun genau davon? Nun, einerseits müssen wir natürlich zunächst abwarten, was der Bundesgerichtshof zu der Eventim-Frage zu sagen hat, erst danach haben wir vorerst genügend Sicherheit, um gegen überhöhte, versteckte Preise vorzugehen - in diesem Fall ist zu einem entsprechend qualifizierten Rechtsanwalt zu raten, der den entsprechenden Dienst dann abmahnen und zur Unterlassung auffordern wird. Allgemein stehen allerdings die Chancen recht gut, dass solche Geschäftspraktiken in Deutschland und der Europäischen Union bald etwas zurückgedrängt werden.

Was indes unsere Probleme mit dem Ultra Music Festival angeht... Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Festivals ergeben, dass der Ticketkauf dem Recht der Vereinigten Staaten von Amerika unterworfen ist, im Speziellen denen des Staates Florida. Das Verbraucherschutzniveau der USA ist signifikant niedriger als das der EU (daher auch die Proteste gegen TTIP, der amerikanische Verbraucherschutz ist teils echt übel...), sodass das UMF in dieser Hinsicht wohl nichts zu befürchten hat.

Hinweis: Unser Angebot dient der Bildung und der Information und ersetzt keinen professionellen Rechtsbeistand. Unsere Inhalte zu Rechtsthemen sind der Veränderung durch Gesetzgebung und Rechtsprechung unterworfen.

 

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Über den Autor
Maximilian Wild

Ich bin Jurastudent und bereite mich derzeit auf mein Staatsexamen vor. Meine Interessenschwerpunkte liegen im Bereich des geistigen Eigentums, das sich mit meinem ausgeprägten Interesse für Musik trifft. Für Dance-Charts.de verfasse ich hauptsächlich Nachrichten, Kommentare und Kolumnen, die sich mit aktuellen Entwicklungen der Szene befassen. Ich favorisiere kein Genre besonders, sodass sich in meinen Playlisten bunte Mischungen aus Tech House, Hardstyle und EDM finden. Mein absoluter Lieblingsact ist allerdings das deutsche House-Duo Claptone.

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