„Ein Handbuch mit dem Titel 'Jura leicht gemacht' ist das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt ist, denn Jura ist nicht leicht!“, ist ein Satz, den man wohl aus dem Munde vieler Juristen hören wird. Wir wagen nun trotzdem den Versuch, für unsere Leser relevante juristische Sachverhalte möglichst mundgerecht zu sevieren - aber auch wahre „Nerds“ werden auf ihre Kosten kommen! Beginnen wir mit einer Praxis, die sich nicht erst seit gestern größter Beliebtheit erfreut, dem geteilten Benutzen eines DJCity-Accounts (oder dem eines anderen Promotiondienstes). Klar, so ein DJCity-Abonnement ist nicht wirklich billig, werden einem doch quartalsweise 90 US-Dollar abverlangt, und so liegt der Gedanke nahe, ihn sich mit zwei anderen Kollegen zu teilen - schließlich stellt der Dienst je Track gleich drei Downloadlizenzen zur Verfügung. Doch ist das eigentlich legal? Wir haben nachgeforscht!
Nun, die Antwort ist grundsätzlich recht einfach und bereits mit einem Blick in Ziffer 7 von DJCitys Geschäftsbedingungen zu klären: Demnach ist die Weitergabe von Dateien, die durch DJCitys Service erlangt wurden, strikt verboten - Vertragspartner ist ausschließlich der Accountinhaber, womit ein Zurverfügungstellen des Accounts für Freunde als Schlupfloch wegfällt. Damit handelt es sich um eine unlizensierte Vervielfältigung des jeweiligen Musikstücks und somit eine Urheberrechtsverletzung, die entsprechende zivilrechtliche Abwehransprüche des Rechteinhabers sowie gegebenenfalls eine strafrechtliche Haftung auslöst.
Doch selbst wenn man annimmt, dass diese AGB-Klausel aus welchem Grund auch immer hinfällig ist, gäbe es für ein Accountsharing noch immer rechtliche Hürden. Das Zauberwort lautet an dieser Stelle „Erschöpfung“. Damit ist nicht diejenige gemeint, die ein Leser möglicherweise an dieser Stelle verspüren mag, sondern vielmehr das automatische Erlöschen des Verbreitungsrechts an einem urheberrechtlich geschützten Werkstück, nachdem es erstmals in Verkehr gebracht wurde. Konkret heißt das: Ein Buch oder eine CD darf grundsätzlich weiterverkauft werden, sobald es oder sie in einer durch den Urheber gestatten Weise erworben wurde - sei es im Laden, bei Amazon oder wo auch immer.
Nun könnte man meinen, dasselbe müsse doch auch für digitale Werke gelten. Falsch gedacht! Bei einer Musik-CD ist das Nutzungsrecht der enthaltenen Musik an den physischen Datenträger geknüpft, es wird schließlich nicht die Musik also solche, sondern die CD selbst und das Recht, die enthaltene Musik abzuspielen, verkauft. Im Umkehrschluss heißt das: Bei einem mp3-Download fehlt es an dieser Verkörperung der Musik in einem physischen Datenträger. Das Werk als solches ist allerdings ohne diese „Verkörperung“ nicht verkehrsfähig - das Verbreitungsrecht erschöpft sich folglich nicht mit der ersten Inanspruchnahme der Lizenz. Somit sind Geschäftsmodelle, die den Weiterverkauf rein digital erworbener Werke zum Inhalt haben, eine rechtswidrige Vervielfältigung - schließlich ist es technisch unmöglich, eine Datei von einem Speicher auf einen anderen zu transferieren, ohne dadurch eine Kopie der Datei auf dem zweiten Speicher zu erstellen.
Nun könnte man auf den Gedanken kommen, dass DJCity ja nicht eine, sondern drei Downloadlizenzen zur Verfügung stellt - aber auch hier hätte man falsch gedacht. Tatsächlich handelt es sich hierbei um eine Lizenz, die drei Downloads gestattet und nicht um drei Lizenzen für je einen Download - zumindest nach ständiger Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs. Diese Lizenz ist - nicht nur in Bezug auf Musik - unteilbar. Ein Zurverfügungstellen an Dritte wäre also ebenfalls eine Vervielfältigung, womit wir wieder oben angekommen wären.
Was, das ging euch noch nicht tief genug in die Welt des Urheberrechts? Kein Problem, da schaffen wir gern Abhilfe. Oben haben wir ja bereits den Begriff der Erschöpfung angesprochen. Tatsächlich kann eine Erschöpfung unter bestimmten Voraussetzungen auch bei rein digitalen Werken eintreten. Wie der Europäische Gerichtshof vor einiger Zeit im Streit zwischen der Webseite UsedSoft und dem Softwaregiganten Oracle entschied (Urteil), kann sich das Verbreitungsrecht des Rechteinhabers unter bestimmten Voraussetzungen auch bei Computersoftware erschöpfen, die über ein Client-Server-Model vertrieben wird. Heißt konkret: Sofern der Weiterverkäufer die Software auf seinen Datenspeichern löscht und dem Käufer maximal dieselben Rechte an der Software einräumt, die auch für ihn galten, ist der Weiterverkauf von Software über entsprechende Plattformen legal - obwohl ja ganz objektiv eine Kopie erstellt wird - keine unzulässige Vervielfältigung. Diesem Ansatz ist auch der Bundesgerichtshof in einem ähnlichen Fall zwischen UsedSoft und Adobe (Urteil) gefolgt. Zwar nicht ganz höchstrichterlich, aber in der Sache nachvollziehbar hat das Oberlandesgericht in Hamm dann wiederum die Einschränkung vorgenommen, die wir bereits oben ausgeführt haben: Das Verbreitungsrecht kann sich nicht an ausschließlich digital erworbenen Audiodateien und e-Books erschöpfen, ein Weiterverkauf ist hierbei eine unzulässige Vervielfältigung (Urteil).
Hinweis: Unser Angebot dient der Bildung und der Information und ersetzt keinen professionellen Rechtsbeistand. Unsere Inhalte zu Rechtsthemen sind der Veränderung durch Gesetzgebung und Rechtsprechung unterworfen.
Wir hoffen, dass euch unsere neue Reihe gefällt. Wenn ihr Anregungen oder sogar Fragen habt, die wir im Rahmen dieser Kolumne (er-)klären sollen, hinterlasst uns einen Kommentar.
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