DJ-Zertefikat
Lange hat es gedauert, für die meisten Bundesbürger vielleicht sogar zu lange, aber vor nunmehr zwei Wochen hat die 24. deutsche Bundesregierung nach fast halbjährlichem Koalitionskampf endlich die Arbeit aufgenommen. Und wie! Wie aus einem Strategiepapier des Verbraucherschutzministeriums hervorgeht, plant die Behörde unter der Ägide der CDU-Ministerin Julia Klöckner tiefgreifende Neuerungen im Nachtleben. Und wo setzt man am besten an, wenn man den Bundesbürgern die wochenendliche Feierei versüßen möchte? Genau, bei den DJs!
Die Vorwürfe an DJs sind so alt wie der Berufsstand selbst - keine echten Musiker, das kann ja jeder, Knöpfedrücker und so weiter. Geht man nach einem Urteil des Landessozialgericht Stuttgart, sind DJs nicht einmal Künstler, sondern Handwerker. Dieser Auffassung folgt nun wohl auch das Bundesverbraucherschutzministerium und geht den nächsten logischen Schritt. Denn was wäre ein Handwerker ohne ordnungsgemäße Ausbildung und Abschlussprüfung? Genau dieser Überlegung folgten auch die verantwortlichen Referenten des Verbraucherschutzministeriums. Und so dürfen wir in der kommenden Woche einen neuen Gesetzesentwurf erwarten, der „DJ“ zu einer geschützten Berufsbezeichnung macht. Damit geht dann auch ein neues Ausbildungsverfahren samt Abschlussprüfungen einher - wie bei jedem Handwerk auch sonst.
Was ist die Folge davon? Jeder, der sich in Deutschland bisher als DJ bezeichnete, muss entweder eine staatliche Ausbildung samt Prüfung ablegen, um diesen Titel weiter führen zu dürfen, oder läuft Gefahr, sich dadurch strafbar zu machen. Weiterhin wird es den Diskotheken untersagt sein, ungeprüfte DJs an ihre Decks zu lassen. Das könnte über kurz oder lang zwar die Existenz des einen oder anderen Party-DJs zerstören, der erst einmal eine lange, nicht ganz billige Ausbildung über sich ergehen lassen muss, um wieder an die Plattenteller zu dürfen. Für Resident- und Vollzeit-DJs hingegen ergeben sich unschätzbare Vorteile: Der Markt für DJs wird dadurch stark verkleinert, die Gagen könnten dadurch etwas ansteigen und womöglich sogar entsprechend staatlich reguliert werden. Vorbei sind die Zeiten der „Fuffi für nen Abend“-DJs!
Durch die Qualitätsauslese und die strengeren Voraussetzungen, die Berufsbezeichnung „DJ“ zu führen, könnte sogar noch ein weiterer positiver Effekt eintreten: Bislang wurde die deutsche DJ-Szene von der niederländischen Weit abgehängt, was wohl vielfältige Gründe gehabt haben dürfte. Durch die neue staatliche Prüfung könnte sich das allerdings rapide ändern, denn sobald das neue System in Kraft ist, wird sich die deutsche DJ-schaft wohl oder übel in der Spitze verbreitern müssen, um noch auflegen zu dürfen - und so wohl auch wieder Anschluss an die scheinbar enteilten Niederländer finden können! Für ausländische DJs soll diese Regelung natürlich vorerst nicht gelten, sofern sie eine dauerhafte, professionelle Tätigkeit als DJ vorweisen können. Star-Bookings bleiben also weiterhin möglich.
Die größten Vorteile haben natürlich - wie wohl vom Verbaucherschutzministerium beabsichtigt - die geschätzten Nachtschwärmer. Vorbei die Zeiten der Virtual-DJ-Laptop-DJs, der Spotify-Playlist-DJs und sonstiger qualitativ minderwertiger Formen des Auflegens. Bald stehen in den deutschen Clubs nur noch staatlich geprüfte Qualitäts-DJs! „DJ made in Germany“ wird endlich wieder zu einem Gütesiegel! Wann genau dieses neue System in Kraft treten soll, ist bislang nicht bekannt, da die Gesetzesnovellierung bislang noch nicht in den Bundestag eingebracht wurde, wir schätzen aber, dass die ersten staatlich geprüften DJs noch in diesem Jahr ihr Zertefikat erhalten werden. Was haltet ihr von dem Vorhaben? Unnötige überbürokratisierung oder sinnvolles Qualitätsmanagement?