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90er Boyband nach Reunion im Interview

Interview mit Caught In The Act

(Geschätzte Lesezeit: 4 - 7 Minuten)

Interview mit Caught In The ActCaught In The Act - Comeback-Tour

Ob TOP-EDM-Producer oder Schlager-Sternchen; Drei gegen Drei sind sechs Fragen zwischen Musik-Business und Privatperson, die kein Blatt vor den Mund nehmen.

Wir haben Caught In The Act zum Drei gegen Drei Interview getroffen. Um die „Jungs“ einer der großen Boygroups der 1990er Jahre aus der Reserve zu locken, haben wir aus der Fanzeitschrift „Friends Forever“ des Jahres 1996 den Faktencheck als Grundlage für die speziellen Fragen genutzt.

Caught In The Act ist gerade auf Clubtour durch Deutschland, um den Kontakt mit den Fans wieder aufzufrischen. Selbstironisch, aber ehrlich und motiviert bringen sie den 90th-Glamour auf die Bühne zurück. Wir hatten die Chance mit zwei der drei Mitgliedern ein entspanntes, humorvolles und zu jeder Zeit offenes Interview zu führen.

Während die letzten Termine der Clubtour anstehen, ist der Vorverkauf für zwei große Konzerte in Berlin (10.11.2017 Tempodrom)  und Bochum (02.12.2017 RuhrCongress) bereits angelaufen. Karten gibt es hier.


Der Aufwärmer

Dance-Charts: Dieser Song oder Interpret ist gerade in meiner persönlichen Hot-Rotation:

Bastiaan: Wenn ich Zuhause bin, lasse ich Spotify über mein Sonos-System im Haus laufen. Dabei höre ich alles Quer-Beet. Oft bleibe ich aber bei Singer-Songwriter-Playlisten hängen. Dazu gehören Klassiker, wie Lionel Richie und Dolly Parton, aber auch John Legend - wobei ich das neue Album noch nicht gehört habe und ich mich darauf freue. Ich mag mehr die lebensbejahenden und positiven Songwriter hören als die melancholischen.

Lee: Ich bin gerade in der Stimmung für Calvin Harris. Egal ob er alleine arrangiert, oder gemeinsam mit anderen Künstlern, ich kann mich nicht wehren, ich möchte einfach lostanzen. Das ist eine Form der musikalischen Magie, die er beherrscht. 


Allgemeine Frage Eins

Dance-Charts: Welches sind die größten Veränderungen des Musikgeschäfts der letzten Jahre?

Lee: Als erstes denke ich an die sozialen Medien. Dadurch gibt es viel mehr Bewegungsspielraum und Macht für den einzelnen Künstler. Anders als in den 1990ern ist der Mittelbau herausgelöst worden. Die Bands können direkt mit den Fans kommunizieren.

Bastiaan: Andererseits wurde das Musik-Business komplett zerstört und baut sich nun - mit anderen Vorzeichen - erst langsam wieder auf. Rund um das Jahr 2000 wussten die Plattenfirmen nicht mit den modernen Medien umzugehen. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich zu der Zeit bei Virgin unter Vertrag stand, aber nicht Songideen oder Spuren per E-Mail schicken konnte. Ein Beispiel für viele, da die Labels die Vorzeichen der medialen Revolution nicht gelesen haben. Derzeit steht der Buchmarkt vor einer ähnlichen Situation, wie damals die Musikindustrie. Und in ein paar Jahren wird die Idee des Fernsehens vom Tisch gewischt und wird sich komplett neu aufstellen müssen, obwohl sie derzeit noch immer sehr unnahbar agieren.

Das Geld, das die Plattenfirmen damals in die Hand nahmen, um kleine Bands zu fördern und aufzubauen existiert nicht mehr. Das geschieht heute - um den Bogen zu schlagen - nun auf den Social-Media-Plattformen mit Crowdfunding und ähnlichem.


Caught In The ActSpezielle Frage Eins: Lee

Dance-Charts:…kann die Choreographie (die er erfunden hat) zu „Love Is Everywhere“ noch immer in Originalgeschwindigkeit?

Lee: Ja, tatsächlich ist der neue Mix (in dem Loops aus einem 90er Dance-Track zu finden sind) sogar ein paar Beats schneller als das Original und wir lassen auf der Bühne keine Moves weg.

Dance-Charts:…springt noch immer zum Frühstück ein paar Flick-Flacks?

Lee: Was? Das konnte ich nie… Warte mal, jetzt fällt es mir wieder ein:  Für das Video „Take me to the limit“ habe ich Flick-Flacks geübt und gemacht.

Dance-Charts:…findet seine großen Füße noch immer unansehnlich?

Lee: Was steht da bloß? Mittlerweile liebe ich sie. (lacht)

Bastiaan (mischt sich ein): Ich habe seine Füße heute Morgen gesehen, er hat wundervolle Füße.

Dance-Charts:…sucht noch immer den richtigen Fan zum Verlieben?

Lee: Ich habe nur die Regeln befolgt. Als Mitglied einer Boyband gehörte es zum Marketing, dass ich zu jeder Zeit ‚jung, Single und zu haben‘ war. Also habe ich die Frage ‚richtig‘ beantwortet, dass ich mir vorstellen könne, mich in einen Fan zu verlieben.


Allgemeine Frage Zwei

Dance-Charts: Ist EDM eine Blase, die irgendwann zerplatzt?

Lee: Ich sehe gerade zwei Seiten in der populären Musik. Zum einen sind derzeit viele Singer-Songwriter stark im Musikgeschäft involviert, zum anderen DJs mit elektronischer Dance-Musik. Ich glaube nicht, dass eine Seite stärker ist als die andere oder sie versucht zu verdrängen. Vielmehr unterstützen und beflügeln sie sich gegenseitig und entwickeln sich damit weiter.

Bastiaan: Genau, das ist großartig. Du kannst dir Mozart anschauen, der unglaublich populär war. Er brauchte noch ein ganzes Orchester und eine dicke Frau, die seine Arien sang. In den 1990ern brauchtest du dann vier niedliche Jungs, die auf der Bühne hüpften. Ein paar Jahre später warst du in einem Underground-Club in Amsterdam (z.B. das RoXY oder iT) oder irgendwo in den Niederlanden oder Belgien und da stand nur noch einer hinter den Turntables und bewegte die Massen. Zu der Zeit waren die DJs, wie Joost van Bellen, groß in der Szene, aber noch keine Superstars wie jetzt ‚die‘ Tiëstos oder Hardwells. Auch hier gilt: Die Musikszene entwickelt sich kontinuierlich weiter.

Schau dir die 1960er Jahre an, mit den Gitarren-Rock-Bands, jeder wollte Gitarre lernen. Kennst du heutzutage einen Jungen, der Gitarre lernen möchte. Sie wollen alle DJs oder Producer werden. Kunst wird sich weiterentwickeln. Bei der kommerziellen Musik wird es immer darum gehen, wie man es hinbekommt die Massen ausflippen zu lassen. Dabei entstehen kontinuierlich neue „Techniken“, ob Gitarre, Hüftschwung oder Mischpult. Um zur Frage zurückzukehren: Es gibt einen großen Unterschied zwischen den Underground-DJs und den Super-DJs. Letztere werden immer größer und immer mehr Menschen verdienen damit immer mehr Geld, dass auch diese musikalische Kunstform dadurch ein Abbild von sich selbst wird. Damit wird es erst uninteressanter aus einem kreativen Blickwinkel und dann aus dem Blickwinkel der Fans und Zuhörer. Doch es platzt nichts, sondern vielmehr entwickelt sich wieder etwas Neues, das dann die Menschen mitnimmt und ohne die vorherige musikalische Kunstform nicht möglich gewesen wäre. Die Musik fließt.


Spezielle Frage Zwei: Bastiaan

Dance-Charts:…liest noch immer viel und gerne?

Bastiaan: Ja klar, ich lese noch immer gerne. Aber es klingt doch echt langweilig, wenn ein „Boy“ aus einer Boyband sagt, dass er gerne lesen mag. Wenn ich der Manager gewesen wäre, hätte ich zu mir gesagt: ‚Du Idiot. Sag, dass du Mädchen magst oder Partys.‘ - Aber das gehörte wohl mit zu meinem entworfenen Boy-Band-Charakter: belesen, tiefgründig, ehrlich - bescheuerter Versuch.

Dance-Charts:…komponiert weiterhin eigene Songs?

Bastiaan:Ja, ich schreibe noch immer Musik.

Dance-Charts:…steht auf treue, natürliche und ehrliche Girls?

Bastiaan: Wer nicht? (…und lässt es mit einem Lächeln im Raum stehen)


Allgemeine Frage Drei

Dance-Charts: Die größte Lüge im Musikgeschäft ist…

Bastiaan: Wenn du das tust, was du machen willst und du tust es gut, dann wirst du Erfolg haben. Das ist Bullshit! Leider. Manchmal passiert es, aber in den allermeisten Fällen ist es nicht so.

Viele Menschen glauben, dass das Bandleben ist, was man auf der Bühne sieht. Tatsächlich sind es höchstens 5 %. Eigentlich ist es warten, viel von einem Ort zum anderen Ort fahren, wieder abhängen, schlechtes Essen, warmes Bier. (lächelt)

Lee: Ja, die glamouröse Seite ist ein kleiner Teil und dann gibt es den großen Teil der Routine. Viele Leute denken, was die für ein großartiges Leben führen: Interviews, auf der Bühne angehimmelt werden, Videodrehs an tollen Locations - das muss doch alles glänzen, was die tun. Klar, wir lieben den Kick der Shows, aber es gibt viele Zeiten dazwischen ohne Glanz und Glamour.


Spezielle Frage Drei

Dance-Charts: Caught In The Act ist: Musik - Performance - Marke?

Bastiaan und Lee (wie aus einem Munde): Performance

Bastiaan: Wir wollen gemeinsam viel Spaß mit gutem ‚schlechten Geschmack‘ haben. Die Show soll farbenfroh sein, strahlend und ein Vergnügen für alle. Dabei wollen wir hart arbeiten und die Zuschauer ernst nehmen. Die Devise lautet:

looks good - sounds good - feels good -and it’s entertainment.

 

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Über den Autor
Marco Boehm

Musik begleitet mich im Leben. Als Musiker, Songwriter und DJ sind Beats und Rhythmus die Grundlagen für das Musikgefühl. In Kombination mit musiktheoretischem Hintergrund wird daraus ein ganzheitliches Musikverständnis. Elektronische Clubmusik kann mich dabei genauso beeindrucken wie Pop, Rock oder Chartmusik. Selbst der Eurovision Song Contest fasziniert mich. Aus diesem Grund lasse ich mich auf keine Musikrichtung festlegen.

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