Dance Charts 2017

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Beatles, Boy-Bands und Bieber

Das Fan-omen Musikidole

(Geschätzte Lesezeit: 5 - 9 Minuten)

Das Fan-omen MusikidoleCaught In The Act 2017

Nein, neu sind sie nicht, die Schwärmereien für Musik und Persönlichkeiten. Schon 1786 schrieb Amadeus Mozart über seine Oper "Figaros Hochzeit" die in Prag aufgeführt wurde: "Hier wird von nichts gesprochen als vom - figaro - nichts gespielt, geblasen, gesungen und gepfiffen als - figaro!“ Ein früher „Chart-Hit“, noch ohne Grammy oder Air-Plays. Und DJ-Mozart führte auch das Leben eines Superstars, wie ihn sich jeder vorstellt: mit Saus, Braus und Groupies. So sagte er: „Wenn ich alle heyrathen müsste, mit denen ich gespasst habe, so müsste ich leicht 200 Frauen haben.“


Suchtmittel, Konsumgüter und schneller Sex

Doch ob Beatles, Backstreet-Boys oder Bieber; sie alle erreichen es, ein Idealbild eines „perfekten Partners“ in den Köpfen der zumeist weiblichen Jugendlichen zu schaffen. Was die Musiker und Bands oder die Fans daraus machen, ist dabei ganz unterschiedlich. Rutschen die 12- bis 18-jährigen Mädchen und jungen Frauen vom Schwärmen oder auch mal „verliebt sein“ ab und wollen den Idolen so nah wie möglich sein und nehmen dabei oft Körperlichkeiten als die höchste Form an? Werden die meist selbst noch spät-pubertierenden Stars und Sternchen gut gecoacht und begleitet oder verlieren sie die Bodenhaftung, gefangen in der Öffentlichkeit, begleitet von extremen Emotionen der Fans, der realitätsfernen Medienwelt oder der Entfremdung von sich selbst? Und fallen Sie dann in ein Loch aus Suchtmitteln, Konsumgütern, schnellem Sex, nur um sich irgendwie zu spüren? Egozentrisches Verhalten ist da schon fast nachvollziehbar.


Der Weg zur eigenen Identität

Halt. Es ist so schön einfach in die Stereotypien der Groupies und Superstars zu fallen, doch tatsächlich hat das Anhimmeln, Nacheifern oder mentale Hingeben einer Identifikationsfigur einen wichtigen psychologischen Wert. Die Pubertät als Phase des Umbruchs im geistigen und körperlichen Sinne prägt auch den Charakter aus. Dabei geht es um das Finden der eigenen Identität und das Lösen aus der Eltern-Familienstruktur. Der Star oder DJ bietet genügend Projektionsfläche, um sich ein eigenes Idealbild spinnen zu können und dieses in einer fast religiösen Art und Weise zu verehren und zu feiern. Dass dieses Bild nicht der Realität entspricht, ist nicht erheblich. Es ist vergleichbar mit dem schier unverwüstlichen Glauben an den Weihnachtsmann der Vier- bis Siebenjährigen: Alles wird zu den eigenen Gunsten uminterpretiert und schlimmstenfalls einfach ignoriert. Dennoch hilft das „Fan sein“ mittelfristig dabei, die eigenen Werte und Normen zu durchleben, zu beurteilen und einzuordnen.

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Männer himmeln auch an

Anmerkung: Männer ziehen diesen Kult, einem eigentlich unbekannten Menschen nah sein zu wollen, oft ins Lächerliche, wenn sie von den Jugendschwärmereien der Frauen erfahren. Männer jedoch agieren ähnlich und legen das belächelte Verhalten nicht nach der Pubertät ab. Sie verhalten sich ein ganzes Leben lang irrational sinnsuchend, indem sie zum Beispiel Fußballvereine, Formel-1-Rennfahrer, Star Wars oder Computerspiele anhimmeln. Sie würden es mit männlicheren Attributen belegen, jedoch steckt das gleiche Prinzip dahinter - also Vorsicht, meine Herren, Glashausgefahr!


20 Jahre ungenierte Musikgeschichte

Nach den Vorläufern wie „Bros“ oder „New Kids On The Block“ kamen in der Mitte der 1990er-Jahre einige Faktoren zusammen, die die Boygroups wie Pilze aus dem Boden schießen ließen. Die großen Namen sind fast alle in dieser Zeit entstanden: Take That, East 17, Worlds Apart, Caught In The Act oder Backstreet Boys sind Bands mit dazugehörigen Songs, die 20 Jahre Musikgeschichte schadlos überstanden haben. Vielleicht, weil sie schon bei Erscheinen meist derart zerrissen wurden, dass sie „ungeniert“ überdauerten. Natürlich kann man hinterfragen, ob die durchgestylten, gecasteten „Boys“, die pro Band für jeden Mädchengeschmack ein Typ-Exemplar bereithielten und sich eher hüpfend an- und auszogen als zu singen, überhaupt eine „Band“ waren. Ebenso durchgestylt war der Sound und die Texte der Boygroups. Die Mädchen sollten sich in ihren Träumen und Sehnsüchten wiedererkennen, dazu kam ein eingängiger Beat mit klaren Gesangstrukturen.

Caught In The Act


Zwischen lebendverneinenden Grunge und drogenschwangeren Techno

Doch genau dies war der Umbruch des Musikzeitalters. MTV und andere Musiksender brachten eine Band plötzlich ganz regelmäßig und nah in die Jugendzimmer. Die CDs und VHS-Bänder waren neu, erschwinglich und modern. Sie wurden wie Devotionalien gesammelt. Eltern waren zumeist froh, wenn „ihre kleinen Mädchen“ Boy-Bands zugewandt waren, schwelte doch die Musik zu der Zeit zwischen lebenszweifelndem Grunge, politischem Punkrock und drogennahem Techno. Dennoch passten die Boygroups in die Zeit. Klug konzipierte Gesamtkonzepte für jede einzelne Boy-Band waren fast wie lebendige, nicht stoppbare Musicals und Daily-Soaps. Sie boten viel Platz für Trends in Satz-Gesang. Die Boygroups waren käuferstarke Marken geworden, so wie Autos, Sportvereine oder Kleidung. Die Kombination aus Distanz und Nähe, der Typ von nebenan und Superstar, Body und Charakter, Musik und Bewegung war der Nährboden für fast religiöse Verehrung der Bands. In Kombination mit gut platzierten Werbeartikeln und Informationen über die Jugendzeitschriften wurde die Sparte der kommerziellen Musik noch vor Tauschbörsen und Streaming-Plattformen auf eine neue Ebene gehoben.

Übrigens: Wenige Fußballfans von Bayern München finden den HSV super. Ähnlich war es auch bei den Boy-Bands. Wer zum Beispiel ein Fan von Caught In The Act war, der konnte höchstens „befreundete“ Bands akzeptieren, aber nichts ging über die eigene Boygroup. Auch hiermit spielten die Medien und das eigene Management. Sie woben Intrigen, wuschen wohldosiert Schmutzwäsche öffentlich und erhöhten damit Abverkaufszahlen aller Beteiligten. 


Janina: Fan der ersten Stunde

Caught In The Act FanWie sieht nun eigentlich ein Fan der ersten Stunde heute aus? War dieser ein Spielball der Boy-Band-Industrie und wurde vielleicht gar radikalisiert, bis zum heutigen Tage? Wir haben Janina getroffen. Sie ist der idealtypische Fan der Boygroups; Anfang Dreißig, Familie mit zwei Kindergartenkindern, eigenes Haus im hohen Norden, fest im Beruf und Leben stehend. Das klingt doch so gar nicht nach verrücktem, „hirngewaschenem“, kreischendem Teenie-Fan. Nur zögernd zeigt Janina die letzten Andenken an die intensive Fan-Zeit vor 20 Jahren mit Caught In The Act (CITA). Das Zögern liegt mehr an den abwertenden Sprüchen und dem Missverstanden werden, denn zu „ihrer“ Band steht sie noch heute. Dort ist ein verwaschenes T-Shirt, das sie auch damals zum Konzertbesuch trug, ein Stapel VHS-Videokassetten, CDs, Fan-Magazine und ein alter Ordner. Auf dem Rücken des abgegriffenen Ordners ist in der Handschrift einer Sechstklässlerin der Name Janina mit dem Geburtsnamen zu lesen. Im Innern des prallgefüllten Ordners befinden sich, fein säuberlich in Klarsichtfolien sortiert, Poster und Hochglanzartikel ihrer Stars aus der Bravo, manchmal auch einer anderen Jugendzeitschrift. Janina lächelt verlegen, rechtfertigt sich aber nicht, sondern sagt: „Ich war nur ein Durchschnittsfan. Natürlich hat sich mein Leben nur an Bastiaan, Lee, Eloy und Benjamin ausgerichtet, das gehörte zur intensiven Teenager-Fan-Zeit dazu.“ Doch Janina ist nicht zu allen Konzerten im Umkreis von 400 Kilometern gefahren, noch stand sie schon vormittags um neun Uhr vor dem Hotel, in dem die „Jungs“ von CITA vermutet wurden, nur um einen kurzen, eigenen Blick auf die jungen Männer zu erhaschen. Dennoch war die Bravo Pflichtlektüre, ebenso, wie die Fernsehshows, in denen die Band auftrat. „Und ich schmolz dahin“, sagt Janina und lächelt. Dann kam am 01. August 1998 die Nachricht, die viele kleine Mädchenherzen zerspringen ließ: CITA gaben ihre Trennung bekannt. Für Janinas Familie bedeutete es einen recht unerquicklichen Familienurlaub in Dänemark, bei dem die älteste Tochter eine Woche niedergeschlagen das Leben über sich ergehen ließ. Täglich ging sie zum öffentlichen Münzfernsprecher und investierte ihr Taschengeld in dänisches Hartgeld, um ihren Stars noch einmal nah zu sein. Bei der „Bravo-Hotline“ lief ein Band, bei dem sich alle Bandmitglieder noch einmal „persönlich“ bei jedem Fan bedankten.


Caught Is Back In The Act

Heilt die Zeit alle Wunden? Die eines gebrochenen Teenagerherzens schon. Bis zur Mitte des letzten Jahres hatte Janina nur ihre Erinnerung, die einfach zum Erwachsenwerden dazugehörte. Doch mit der Ankündigung von einigen Konzerten und einer neu gemixten und eingesungenen Best-Of-CD „Back for Love“ plus zwei neuen Songs, kamen die positiven Erinnerungen zurück. Diesmal, gemeinsam mit ihrem Ehemann, ließ sie sich noch einmal, bei einem der knapp 20 Clubkonzerte gemeinsam mit 800 anderen Fans, in die Zeit der Boy-Bands zurückversetzen. Ein bisschen Schwärmen, ein bisschen Kreischen gehört dazu, aber all das aus tiefstem Herzen mit der gewissen Selbstironie einer gestandenen Frau und der Sicherheit mit einem angenehmen Gefühl wieder nach Hause zu fahren.


Caught In The Act - 20 Jahre gereift

Caught In The Act treffen dabei den Nerv der Fans. Denn sie versuchen nicht nahtlos an die Zeit der 1990er anzuknüpfen, sondern spielen damit, „20 Jahre gereift“ zu sein und greifen damit die abgeklärte Selbstironie auf. Dennoch bedienen sie die Bilder im Kopf der Fans, können damit aber charmant und locker umgehen. Bastiaan Ragas findet im Interview eine klare Richtung: „Wir wollen gemeinsam viel Spaß mit gutem ‚schlechten Geschmack‘ haben. Die Show soll farbenfroh sein, strahlend und ein Vergnügen für alle. Dabei wollen wir hart arbeiten und die Zuschauer ernst nehmen.“ Seine Devise lautet:

looks good
sounds good
feels good
and it’s entertainment

Wie kann sich nun eine Boy-Band bei einem großen Fan entschuldigen, der vor knapp 20 Jahren das ganze Taschengeld auf den Kopf gehauen hat, um aus dem Ausland einem Anrufbeantworterspruch zu lauschen. Na klar, sie revanchieren sich auf moderne Art und Weise. Per WhatsApp übermitteln die „Jungs“ von CITA einige persönliche Sätze und singen ein spontanes Ständchen per Voice-Message: „…since I looked into Janina’s eyes it’s all I’m thinkng of… I can’t believe it, these miracles are true, it’s Lee and Bastiaan on the phone…”

Bei diesem ‚Groß-Mädchen-Traum‘ werden die Jahre plötzlich unerheblich und Herzklopfen, trockener Mund, zittrige Knie und ein seliges Lächeln gibt es gratis für Janina dazu.

Caught In The Act


Celebration of Love - Entertainment und abfeiern

Natürlich hängen die Karten für das Konzert im Berliner Tempodrom am 10. November an der Pinnwand, damit die neuerliche Vorfreude noch ansteigen kann. Denn in diesem Jahr gibt es lediglich zwei Konzerte. Dafür stehen sie unter dem Motto „Celebration of Love“ und sind wesentlich größer und aufwändiger angelegt als die letztjährigen Clubkonzerte. Aber natürlich werden wieder hunderte weibliche Kehlen singen: „Love is Everywhere“.

Caught In The Act haben nicht nur wieder die Verbindung zu ihren Fans gefunden, vielmehr beginnt eine neue Generation auf sie aufmerksam zu werden. Manifestiert wird es durch zwei große Shows in Berlin (10.11. Tempodrom) und Bochum (02.12. RuhrCongress), bei denen auch Special Guests auftreten werden. Der Vorverkauf läuft auf Hochtouren und die Shows werden jeden, ob jung oder alt, Mann oder Frau, in eine kurzweilige, bonbonfarbene, fröhliche Dimension mitnehmen.

 

Ticket-Link: https://lb-events.de/de/veranstaltungen/caught-in-the-act-1-1.html

 

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    Lars · Vor 6 Jahren
    Dito,grottoid
  • This commment is unpublished.
    Stephan · Vor 6 Jahren
    Echt eine mega aufregende Story - die Entwicklung einer Mutti im Boy-Group -Fieber!Habt ihr nix besseres auf der Tasche?
Über den Autor
Marco Boehm

Musik begleitet mich im Leben. Als Musiker, Songwriter und DJ sind Beats und Rhythmus die Grundlagen für das Musikgefühl. In Kombination mit musiktheoretischem Hintergrund wird daraus ein ganzheitliches Musikverständnis. Elektronische Clubmusik kann mich dabei genauso beeindrucken wie Pop, Rock oder Chartmusik. Selbst der Eurovision Song Contest fasziniert mich. Aus diesem Grund lasse ich mich auf keine Musikrichtung festlegen.

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