Zwei DJs spielen Radio-Rip aus Hardwell On Air bei einem Gig
Aktuell ist ein Video im Umlauf, das zwar einerseits für diverse Lacher und hämische Kommentare sorgt, andererseits aber einen (weiteren) erschreckenden Einblick in die momentane „DJ-Kultur“ liefert.
Zur Klärung des Falls: das Video zeigt die beiden asiatischen DJs G-Park und Charles, die in ihrem aktuellen Set den Track „Grand Opera“ spielen, eine Single der Produzenten Jewelz & Sparks, die vor einer Woche auf Hardwells Label Revealed Recordings offiziell erschienen ist. Leider, und nun wird’s peinlich, spielen sie anscheinend keine käuflich erworbene oder bemusterte Version dieser Single, sondern einen Mitschnitt von Hardwells Radiosendung „Hardwell On Air“, in der er diese Platte auch anmoderiert und mit einem Jingle versehen hat. Eben diese Anmoderation plus Jingle sind dann auch im Club zu hören. Der Versuch von DJ G-Park, die Teile der Radiosendung schnell „wegzumoderieren“, macht das ganze nur noch peinlicher. Dumm, dass eine Kamera dabei mitlief...
So lustig / peinlich / dämlich dieser Vorfall ist, so weist er doch auf ein ganz anderes Problem hin. Viele DJs greifen auf Youtube- oder Soundcloud-Rips zurück, ohne Rücksicht auf irgendeine Form von Qualität. Da werden gnadenlos IDs, Teile von Radio-Shows, Podcasts oder auch Livemitschnitte gespielt, und dabei ist auch egal, in welchem Zustand sich der Mitschnitt befindet. Ein schöner Satz in dem Zusammenhang, der mir schon öfter begegnet ist: „Ob das MP3 128kb oder 320kb hat, bekommt der Gast doch eh nicht mit“. Im Fall der beiden obigen DJs scheint das Interesse an einem qualitativ hochwertigen Sound sogar soweit zu fehlen, dass anscheinend noch nicht mal mehr ins Radio-Rip reingehört wurde, denn sonst wäre die Anmoderation von Hardwell bzw. sein Jingle ja aufgefallen. Und obwohl der Titel bereits erschienen ist, wird er dann nicht nachgekauft; der Umsonst-Rip reicht ja, egal wie er klingt.
Leider ist dieser Vorfall in der heutigen DJ-Landschaft bei weitem kein Einzelfall mehr, sondern eher schon Normalzustand. Als Gründe kann man zwei Faktoren ausmachen: zum einen gibt es einen regelrechten Wahn, jeden Track schon lange vor der Veröffentlichung zu kennen, zu besitzen und zu spielen, egal wie und in welcher Qualität. Hauptsache erster und „kenn ich schon / hab ich schon“. Dabei ist es unwichtig geworden, wie der DJ an den Track kommt; man muß ihn SOFORT haben, am besten Monate vor dem offiziellen Release. „Störungen“ im gerippten Track wie beispielsweise das Anmoderieren eines Radio-Hosts werden „drübermoderiert“, und wenn das 128er MP3 mal oben zu spitz ist, weil Youtube keinen besseren Rip bietet, dann werden eben am Pult die Höhen runtergedreht. Passt schon. Und außerdem feiern die Gäste ja eh. Achja, und zum anderen muß es billig sein; MP3s sind ja teuer! Daher reicht es ja auch, wenn man sich die Musik mit Soundcloud-Konvertern besorgt. Hab ich ja dann...
Mit dem Wunsch, dem Gast die beste Musik in qualitativ bestem Umfang zu präsentieren, hat das nichts mehr zu tun. Es gab Zeiten, in denen sich DJs und auch Diskotheken dafür tatsächlich interessiert haben. Mit der Erfindung des MP3s sind solche Werte immer mehr verloren gegangen: MP3s sind niemals ausverkauft und auf vielen Wegen zu bekommen. Wie - ist egal! Wie’s klingt - ebenso!
Ein DJ sollte tatsächlich die Pflicht haben, eine bestimmte Soundqualität zu wahren. Nicht nur für das Hörempfinden des Gastes, sondern auch der Musik zuliebe. Man glaubt es kaum: guter Sound hilft tatsächlich einer Nummer und dient logischerweise auch dem Partyfaktor im Club.
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