"TOY" von Netta - Israels Beitrag zum Eurovision Songcontest.
Mit ihrem eigenwilligen Musikstil und Style fiel die 25-jährige „One-Woman-Show“ bereits früh in der casting-artigen israelischen Show „The Next Star for Eurovision 2018“ auf. Doch nicht nur ihre Maße, die bei GNTM ungewöhnlich wären, und ihre schrillen Outfits sind anders, vielmehr verströmt sie musikalisches Charisma auf der Bühne, das alle anderen Mitstreiter in den Schatten stellte.
Seit der ersten Audition des nationalen Vorentscheids Israels benutzte sie einen Vocal-Looper auf der Bühne. Mit dem nimmt sie Gesang und Körperlaute auf, um sie im laufenden Song in die Performance zu integrieren. Das ist jedoch laut ESC-Reglement grenzwertig, denn eigentlich müssen alle Stimmen (alles, was sich nach ‚Mensch‘ anhört) live eingesungen werden. Für die Nutzung des Loopers hat sie nun von der EBU (European Broadcasting Union - der übergeordnete Ausrichter des ESC) das OK bekommen.
Ging es in früheren Siegertitel meist um „Love and Celebrate“, ziehen mittlerweile Texte, in der es um Menschenrechte und Stärkung von Minderheiten geht. Als größtes Event der Queer-Bewegung ist der ESC sehr politisch, obwohl auf dem Papier als völlig unpolitisch beschrieben. Der Titel „Toy“ ist in der #metoo-Bewegung (die Verdeutlichung des Ausmaßes an sexueller Belästigung oder Übergriffe an Frauen) anzusiedeln. Deutlich singt sie: “Wonder woman don’t you ever forget, you’re divine and he’s about to regret. I’m not your toy you stupid boy” - ich bin nicht dein Spielzeug, dummer Junge.
Geschrieben wurde der Text von Doron Medalie und Stav Beger. Ersterer schrieb bereits die israelischen Beiträge 2015 und 2016 mit.
Auch dieses Jahr traut der ESC sich nicht von einer durchschnittlichen Soundbrei-Mitte zu entfernen. Hier ein bisschen mehr Rock, da ein wenig mehr EDM, hier Ethno-Klänge, wieder viel-zu-viele Balladen, aber nichts, das heraussticht.
Netta schafft genau dies. Mit dem Vocal-Looper zu Beginn, frischen poppigen Dub-Beats und der dazugehörigen stakkato-artigen Stimme in der Strophe fällt der Song direkt auf. Eigentlich ist der Zug der Modernen-Reggae-Beats in den Charts schon fast abgefahren, doch beim ESC trifft der Sound voll. Dazu wird passgenau eine Mizrahi-Melodie (wir würden sie als „orientalisch“ beschreiben) gesetzt, um auch bei den osteuropäischen Ländern punkten zu können. Alles ist punktgenau und interessant arrangiert, mit einem erinnerbaren Refrain und auch mittendrin mit einigen melodischen Gimmicks.
Fazit: Der Song „Toy“ von Netta sticht aus der Eurovision-Masse hervor und passt genau in die europäische Hörerschaft (die im Gegensatz zu ESC-Deutschland wesentlich jünger und hipper ist). Nicht nur die Wettbüros handeln Israel in diesem Jahr hoch, sie ist ein echter Favorit.
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