Dann hat auch das letzte Land der "Big Five" plus Gastgeberland ihre Teilnehmer für den Eurovision Song Contest in Israel gewählt. Die "Big Five" sind die Länder, die am meisten in die European Broadcasting Union (EBU) einzahlen. Von unseren GEZ-Gebühren dürfen also die Sängerinnen Carlotta Trumann und Laura Kästl als Duo "S!sters" direkt ins Finale einziehen und sparen sich den Weg über die Halbfinals. Das ist wie der VIP-Bereich in Clubs. Wer viel zahlt, wird durchgewinkt.
Nach dem letzten Jahr, als Michael Schulte mit "You let me walk alone" einen emotionalen Songdurchmarsch bis auf Platz Vier hingelegt hatte, wird es dieses Jahr wieder beliebiger und oberflächlicher. Keine guten Vorzeichen für die deutsche Platzierung. Leider ist wieder deutsche ESC-Normalität eingekehrt. Kein mutiger, verrückter oder musikalischer Titel hat das Rennen gemacht, sondern die "sichere Bank". Sichere Bank, dass die "Bild" sie promoten werden, dass sie im ZDF "Morgenmagazin" um kurz nach 7 Uhr auftreten, dass sie in der TOP3 der Single-Charts nächste Woche platziert sind (wahrscheinlich sogar eine Woche auf 1), dass die Deutschen sagen werden: "Ach ja, die beiden Schwiegermädchen.".
Doch die gleichen werden sich echauffieren, warum Deutschland wieder so schlecht beim ESC abgeschnitten hat. Es werden wieder alle anderen schuld sein und dass Deutschland ja das europäische Feindbild sei. Tatsächlich liegt es jedoch daran, dass das deutsche Verständnis des Eurovision Songs Contests eines von Dieter Thomas Heck Hitparade aus den 1970ern ist. Damit wird heutzutage kein Blumentopf gewonnen.
Natürlich ist es ein selbstgewähltes Leid, als eingekaufte Sängerinnen eine Einheit zu bilden, dennoch tut es mir ein bisschen leid um beide Sängerinnen. Carlotta Trumann kann wirklich singen, so richtig. Doch der Song mit drei Gesangsebenen harmoniert so gar nicht zu ihrer Stimmfarbe. Zudem schien der Druck bei der Live-Show ziemlich groß gewesen zu sein, denn es wirkte wie ein Singen mit angezogener Handbremse. Im Gegensatz dazu sang Laura Kästl komplett professionell, was sie ja schon als Background-Sängerin von Lena bewiesen hat. Backgroundgesang bedeutet Klangteppich und saubere Töne, als Solokünstlerin (hier im Duett) wird jedoch Echtheit und Tiefe gefordert, um musikalisches Charisma auszustrahlen. Kästl hat sozusagen musikalisch gelächelt, aber ihre Augen lächelten nicht mit, der Gesang blieb professionell, aber leer.
Fazit: Als Freund des ESC drücke ich dem deutschen Beitrag "Sister" von "S!sters" die Daumen. Gerne würde ich nicht so negativ über die die deutsche Struktur des ESC reden, jedoch passt weiterhin nur wenig im internationalen Anschluss. Der "Ausrutscher" im letzten Jahr war kein Zeichen für einen Umbruch. Dieser muss noch immer begonnen werden. Germany: two points.
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