Die 20 prägendsten Songs der 80er Jahre
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Neon-Nächte und Kassetten-Träume

Die 20 prägendsten Songs der 80er Jahre

(Geschätzte Lesezeit: 11 - 21 Minuten)

Der Soundtrack eines JahrzehntsDer Soundtrack eines Jahrzehnts - Die 80er

Wenn wir an die 80er Jahre denken, schießen uns oft grelle, karikaturhafte Bilder in den Kopf: Schulterpolster, so breit wie ein Kleinwagen, Vokuhila-Frisuren, die der Schwerkraft trotzten, und eine Farbpalette, die direkt aus einem Textmarker-Etui zu stammen schien. Doch hinter dieser Fassade aus Neon und Haarspray verbarg sich ein Jahrzehnt des radikalen Umbruchs, eine Zeit, in der die Popkultur auf „Fast Forward“ geschaltet wurde. Und der treibende Motor dieser Revolution war die Musik. Die 80er Jahre waren nicht einfach nur eine weitere Dekade in der Musikgeschichte; sie waren ein Urknall, dessen Echos wir bis heute hören.


Mehr als nur Vokuhila und Schulterpolster

Zwei technologische und kulturelle Kräfte wirkten als Zwillingsmotoren dieser klanglichen Revolution. Die erste war der unaufhaltsame Aufstieg des Synthesizers. Während frühere Jahrzehnte elektronische Instrumente als experimentelle Kuriositäten behandelten, wurden sie in den 80ern demokratisiert. Plötzlich waren erschwingliche und vielseitige Geräte wie der Roland Jupiter-8 oder der Yamaha CS-80 sowie Drumcomputer wie der Oberheim DMX und der Roland TR-808 das neue Rüstzeug für eine Generation von Musikern. Sie schufen nicht nur neue Klänge; sie schufen eine völlig neue klangliche Sprache - kühl, futuristisch, unendlich formbar und unverkennbar 80er.

Die zweite Kraft war ein visueller Moloch, der am 1. August 1981 auf die Bildschirme kam: MTV. Mit dem prophetischen ersten Video „Video Killed the Radio Star“ wurde Musik über Nacht zu etwas, das man nicht nur hörte, sondern auch sah. Der Slogan des Senders, „You'll never look at music the same way again“ (Du wirst Musik nie wieder auf die gleiche Weise betrachten), war keine Übertreibung, sondern eine Tatsachenbeschreibung. Das Musikvideo entwickelte sich von einem simplen Werbeclip zu einer eigenständigen Kunstform, die Künstler zu visuellen Ikonen machte und die Jugendkultur in Mode, Sprache und Attitüde diktierte.


Der Soundtrack eines Jahrzehnts

Diese beiden Entwicklungen gingen eine symbiotische Beziehung ein, die die Dekade definierte. Der unstillbare Hunger von MTV nach 24 Stunden visuellem Inhalt bot die perfekte Bühne für die stilisierten, oft androgynen und visuell fesselnden Künstler des Synth-Pop und New Wave. Bands wie Duran Duran oder Eurythmics sahen nicht nur anders aus, sie klangen auch nach der Zukunft, die MTV versprach. Ihr Erfolg im Fernsehen wiederum zwang die Plattenfirmen, massiv in aufwendige Videos zu investieren. Ein guter Song reichte nicht mehr aus; ein grossartiges Video konnte aus einem Song einen Welthit machen. So verschmolzen Klang und Bild zu einer untrennbaren kulturellen Einheit, wie es sie nie zuvor gegeben hatte.

Diese Liste ist daher mehr als eine blosse Hitparade. Sie basiert nicht allein auf Chartplatzierungen, wie sie in den Billboard-Jahreslisten zu finden sind. Stattdessen wurden diese 20 Songs nach ihrer Innovation, ihrer kulturellen Resonanz, ihrer Rolle bei der Definition oder dem Aufbrechen von Genres und ihrem nachhaltigen Einfluss von uns ausgewählt. Dies ist kein Ranking, sondern eine kuratierte Auswahl von der DANCE-CHARTS Redaktion - eine Reise durch den Soundtrack eines Jahrzehnts, das die Popmusik für immer verändert hat.


Teil 1: Der Post-Punk-Kater & die Dämmerung eines neuen Klangs (1980-1981)


1. Joy Division - "Love Will Tear Us Apart" (1980)

Dies ist mehr als ein Lied; es ist ein Requiem und ein Grundstein. Als der Song im Juni 1980 veröffentlicht wurde, war sein Sänger Ian Curtis bereits tot. Dieser tragische Kontext machte den Song zum Schwanengesang einer ganzen Ära und zum Eckpfeiler des Gothic Rock. Die Zeilen, die von Curtis' zerfallender Ehe und seinen inneren Dämonen handeln, erhalten durch seinen Selbstmord eine unheimliche prophetische Kraft. Die Produktion von Martin Hannett hüllte den Song in einen kalten, distanzierten Klang, den die überlebenden Bandmitglieder - die bald als New Order wiedergeboren werden sollten - zunächst verabscheuten, der aber stilprägend wurde. Entscheidend ist, dass die treibende Melodie nicht von einer Gitarre, sondern von einem Synthesizer gespielt wird - ein klares Zeichen für den klanglichen Wandel des kommenden Jahrzehnts. Der Song perfektionierte eine Formel, die für die alternative Musik der 80er Jahre grundlegend werden sollte: die Gegenüberstellung einer fast fröhlichen, tanzbaren Melodie mit einem Text von abgrundtiefer Trostlosigkeit. Er bewies, dass man gleichzeitig tanzen und über den Abgrund nachdenken konnte - die Geburt der „schönen Melancholie“.


2. Queen & David Bowie - "Under Pressure" (1981)

Manchmal entsteht die grösste Kunst nicht durch akribische Planung, sondern durch einen glücklichen Zufall. „Under Pressure“ ist der ultimative Beweis dafür. Der Song entstand aus einer spontanen Jam-Session in den Mountain Studios in Montreux, als David Bowie, der in der Nähe wohnte, bei den Aufnahmen von Queen vorbeischaute. Das ikonische Bassriff, komponiert von John Deacon, wäre beinahe in Vergessenheit geraten, hätte Bowie nicht darauf bestanden, es weiterzuentwickeln. Der Rest ist Legende: Freddie Mercury und David Bowie, zwei der charismatischsten Frontmänner der Rockgeschichte, lieferten sich ein weitgehend improvisiertes Gesangsduell, das von roher, drängender Energie nur so strotzt. Der Text, der den Druck des modernen Lebens beklagt und als Gegenmittel Liebe und Empathie anbietet, traf den Nerv der Zeit. In einer Dekade, die zunehmend von programmierten Beats und kalkulierter Produktion geprägt sein sollte, ist „Under Pressure“ eine kraftvolle Erinnerung an die Magie, die entsteht, wenn kreative Giganten einfach im selben Raum aufeinandertreffen.


3. The Human League - "Don't You Want Me" (1981)

Wenn es einen Song gibt, der die Blaupause für den perfekten Synth-Pop-Hit lieferte, dann ist es dieser. „Don't You Want Me“ ist ein Mini-Drama in vier Minuten, verpackt in einen unwiderstehlichen elektronischen Sound. Mit seinen eleganten Synthesizer-Melodien, den fast roboterhaften Vocals und einer fesselnden „Er-sagt/Sie-sagt“-Erzählung über einen Svengali-ähnlichen Mann und die Cocktail-Kellnerin, die er zum Star macht, definierte der Song den Sound der „Second British Invasion“. Ironischerweise hielt die Band selbst den Song für den schwächsten auf ihrem Album Dare und verbannte ihn an die letzte Stelle. Nur auf Druck des Plattenlabels wurde er als Single veröffentlicht - und wurde zu einem transatlantischen Nummer-eins-Hit, der bewies, dass kühle Elektronik und grosses emotionales Drama perfekt zusammenpassten.


Teil 2: Die MTV-Übernahme: Als Vision zum Klang wurde (1982-1985)


4. Grandmaster Flash & The Furious Five - "The Message" (1982)

Dies war der Moment, in dem Hip-Hop erwachsen wurde. Bis 1982 war Rap vor allem Partymusik, ein Soundtrack für die Block Partys der Bronx. „The Message“ änderte alles. Mit einer düsteren, ungeschönten Darstellung des Lebens in der Grossstadt - Armut, Kriminalität und Verzweiflung - wurde der Song zur „CNN der Strasse“. Die legendäre Zeile „It's like a jungle sometimes, it makes me wonder how I keep from going under“ wurde zur Hymne für eine Generation, die sich vom amerikanischen Traum ausgeschlossen fühlte. Interessanterweise wurde der Song grösstenteils nicht von der Gruppe selbst, sondern vom Studiomusiker Ed „Duke Bootee“ Fletcher geschrieben, und die Band zögerte zunächst, ihn aufzunehmen, da sie befürchtete, ihr Party-Publikum zu verprellen. Diese anfängliche Zurückhaltung unterstreicht, wie radikal der Song damals war. Sein Erfolg bewies, dass es ein Massenpublikum für „Reality Rap“ gab und ebnete den Weg für sozialkritische Künstler von Public Enemy bis N.W.A., wodurch sich die Bestimmung des Genres für immer veränderte.


5. Michael Jackson - "Billie Jean" (1982)

Billie Jean“ ist nicht nur ein Song, es ist ein kulturelles Ereignis. Es ist der Track, der die inoffizielle Rassenschranke bei MTV durchbrach, der Welt den Moonwalk vorstellte und einen neuen Goldstandard für Pop-Produktion setzte. Die Entstehungsgeschichte ist ein Zeugnis von Jacksons künstlerischer Vision. Er kämpfte gegen den legendären Produzenten Quincy Jones für das lange Intro, den Titel und die treibende Basslinie. Die Produktion war ein Meisterwerk der Detailverliebtheit: Toningenieur Bruce Swedien mischte den Song 91 Mal und setzte unkonventionelle Techniken ein, wie eine spezielle Trommelplattform oder Jackson, der durch eine Pappröhre sang, um den perfekten Sound zu erzielen. Der Text, inspiriert von den Erfahrungen seiner Brüder mit Groupies, führte ein neues, paranoides Thema in Jacksons Werk ein. Das dazugehörige Video war das erste eines schwarzen Künstlers, das auf MTV in starker Rotation lief - ein Meilenstein. Mit „Billie Jean“ etablierte Jackson das Modell des Pop-Superstars als Gesamtkunstwerk: ein Künstler, der nicht nur singt, sondern jeden Aspekt seines Werks - von der Komposition über die Produktion bis hin zur visuellen Präsentation - kontrolliert.


6. Eurythmics - "Sweet Dreams (Are Made of This)" (1983)

Aus den Trümmern von kreativer Frustration und persönlicher Verzweiflung entstand einer der widerstandsfähigsten Popsongs des Jahrzehnts. Nach kommerziellen Misserfolgen befanden sich Annie Lennox und Dave Stewart an einem Tiefpunkt. Lennox war in einer Depression versunken, als Stewart mit einem neuen Drumcomputer experimentierte und zufällig auf den hypnotischen Beat des Songs stiess. Dieser Klang riss Lennox aus ihrer Lethargie; sie setzte sich sofort an ein Keyboard und spielte das unvergessliche Synthesizer-Riff. Der Text spiegelt eine zynische, fast nihilistische Weltsicht wider („Everybody's looking for something“), der Stewart die hoffnungsvollere Bridge „Hold your head up“ hinzufügte. Doch es war das Video, das den Song unsterblich machte: Annie Lennox, androgyn mit orangefarbenem Kurzhaarschnitt und Nadelstreifenanzug, wurde zu einer der prägendsten visuellen Ikonen der MTV-Ära.


7. The Police - "Every Breath You Take" (1983)

Dies ist der wohl am meisten missverstandene Song der 80er Jahre. Was unzählige Paare als romantische Hymne für ihre Hochzeit wählten, ist in Wahrheit, in den Worten seines Schöpfers Sting, ein „fieser kleiner Song“ über „Eifersucht, Überwachung und Besitzansprüche“. Geschrieben während des schmerzhaften Zusammenbruchs seiner ersten Ehe, fängt der Song eine dunkle, besitzergreifende Obsession ein. Die Aufnahmen spiegelten die Zerrissenheit des Textes wider: Die Bandmitglieder, insbesondere Sting und Schlagzeuger Stewart Copeland, waren so zerstritten, dass sie ihre Parts oft getrennt aufnehmen mussten. Musikalisch ist der Song eine Meisterleistung der Täuschung. Die warme, einladende Akkordfolge und Andy Summers' brillantes, von Béla Bartók inspiriertes Gitarren-Arpeggio schaffen eine trügerische Atmosphäre der Zärtlichkeit. Diese Spannung zwischen wunderschöner Musik und unheimlichem Text machte den Song so faszinierend und bewies, dass Mainstream-Pop subversiv sein konnte, indem er komplexe, dunkle Themen in einem kommerziell zugänglichen Format versteckte.


8. Prince - "When Doves Cry" (1984)

Prince war kein Künstler, der sich an Regeln hielt - er schrieb sie neu. Und mit keinem Song tat er dies radikaler als mit „When Doves Cry“. Für den Soundtrack seines Films Purple Rain in nur wenigen Tagen geschrieben und im Alleingang eingespielt, ist der Track ein funk-rockiges Meisterwerk. Seine kühnste Entscheidung: die vollständige Entfernung der Basslinie. Nachdem er den Song mit Bass als „zu konventionell“ empfunden hatte, löschte Prince ihn einfach und schuf so eine karge, perkussive Klanglandschaft, die bis heute einzigartig ist. Was bleibt, ist eine explosive Mischung aus einem Linn-Drumcomputer, barock anmutenden Synthesizer-Fanfaren, einem sengenden Gitarrensolo und einem zutiefst persönlichen Text über dysfunktionale Familienbeziehungen. Der Song wurde zu seiner ersten Nummer-eins-Single in den USA und zementierte seinen Ruf als einzigartiges Genie.


9. A-ha - "Take On Me" (1985)

Manchmal braucht ein grossartiger Song nur die richtige Verpackung. „Take On Me“ ist der ultimative Beweis für diese These und ein Denkmal für die Hartnäckigkeit. Die norwegische Band A-ha veröffentlichte den Song in zwei verschiedenen Versionen, die beide floppten. Erst der dritte Anlauf, begleitet von einem der innovativsten Musikvideos aller Zeiten, brachte den Durchbruch. Regisseur Steve Barron nutzte die Rotoskopie-Technik, bei der Realfilmaufnahmen Bild für Bild von Hand nachgezeichnet werden. Über 16 Wochen wurden rund 3.000 Einzelbilder animiert, um eine fantasievolle Welt zu erschaffen, in der eine junge Frau in die Bleistiftzeichnung eines Comic-Helden hineingezogen wird. Die romantische Geschichte und die atemberaubende visuelle Umsetzung machten das Video zu einem Phänomen auf MTV und katapultierten den Song an die Spitze der US-Charts. Während „Thriller“ das Video als filmisches Ereignis etablierte, zeigte „Take On Me“, dass ein Video eine eigene, in sich geschlossene Erzählwelt erschaffen konnte, die untrennbar mit dem Song verbunden war und dessen emotionale Botschaft verstärkte.


Teil 3: Die Hip-Hop-Revolution & die Macht der Hymne (1986-1987)


10. Run-DMC ft. Aerosmith - "Walk This Way" (1986)

Dies war nicht nur ein Song, es war ein musikalischer Mauerfall. Die Idee des Produzenten Rick Rubin, die aufstrebenden Rap-Pioniere Run-DMC mit den strauchelnden Rock-Dinosauriern von Aerosmith zusammenzubringen, war genial. Beide Seiten waren zunächst skeptisch. Run-DMC kannten nur den Drum-Break des Originals, den Jam Master Jay zum Scratchen benutzte, und hielten den Rest für „Hillbilly-Musik“. Aerosmith, deren Karriere durch Drogenprobleme am Boden lag, willigten nur für eine Gage von 8.000 US-Dollar ein. Das Ergebnis war eine kulturelle Explosion. Das ikonische Video, in dem Steven Tyler buchstäblich die Wand zwischen den Proberäumen der beiden Bands durchbricht, visualisierte perfekt, was der Song tat: Er riss die Barrieren zwischen Rock und Rap, zwischen weissem und schwarzem Radio, nieder. Der Song wurde ein riesiger Crossover-Hit, belebte die Karriere von Aerosmith wieder und machte Run-DMC zu den ersten Hip-Hop-Superstars mit massiver MTV-Rotation.


11. The Smiths - "How Soon Is Now?" (1984)

Für jeden, der sich jemals auf einer Party unwohl, unsichtbar oder fehl am Platz gefühlt hat, ist dies die ultimative Hymne. Ursprünglich nur die B-Seite einer Single, entwickelte der Song durch seine Popularität in Clubs und im Radio ein Eigenleben und wurde zu einem der beständigsten Klassiker der Band. Sein Herzstück ist einer der einzigartigsten Gitarrensounds der Rockgeschichte: ein pulsierendes, hypnotisches Tremolo, das Gitarrist Johnny Marr und Produzent John Porter in mühevoller Kleinarbeit erschufen, indem sie eine Gitarrenspur durch vier Fender Twin Reverb-Verstärker schickten, deren Tremolo-Effekte auf unterschiedliche Geschwindigkeiten eingestellt waren. Über diesem außer weltlichen Klangteppich schwebt Morrisseys zutiefst persönlicher und theatralischer Text über lähmende Schüchternheit - „I am the son and the heir of a shyness that is criminally vulgar“ - eine Zeile, die das Gefühl der sozialen Entfremdung perfekt auf den Punkt bringt.


12. Bon Jovi - "Livin' on a Prayer" (1986)

Kaum ein Song schreit so laut „80er-Jahre-Rock-Hymne“ wie dieser. „Livin' on a Prayer“ ist die perfekte Verschmelzung von Hair-Metal-Bombast und einer Geschichte, die Millionen von Menschen ansprach. Die Charaktere Tommy und Gina - er ein streikender Hafenarbeiter, sie eine Kellnerin, die für beide schuftet - wurden zu Symbolfiguren für die Arbeiterklasse, die in der Reagan-Ära ums Überleben kämpfte. Jon Bon Jovi selbst war anfangs nicht vom Hitpotenzial des Songs überzeugt und wollte ihn vom Album Slippery When Wet streichen, doch Gitarrist Richie Sambora überredete ihn. Zum Glück, denn mit seinem hymnischen Refrain, der dramatischen Tonartänderung vor dem letzten Chorus und Samboras unvergesslichem Talkbox-Gitarrenriff wurde der Song zu einem globalen Phänomen und einer zeitlosen Hymne der Hoffnung und des Durchhaltens.


13. U2 - "With or Without You" (1987)

Dies ist der Sound einer Band, die zur größten der Welt wird. „With or Without You“ markierte den Übergang von U2 von feurigen Post-Punk-Rebellen zu Stadion-Rock-Giganten. Der Song, der von Bonos innerem Konflikt zwischen dem Leben als tourender Rockstar und dem als Ehemann handelt, ist ein Meisterwerk der Zurückhaltung und des langsamen Aufbaus. Anstelle von lauten Riffs basiert er auf einer einfachen, sich ständig wiederholenden Vier-Akkord-Schleife, die eine hypnotische, fast meditative Atmosphäre schafft. Das klangliche Markenzeichen ist The Edges Einsatz der „Infinite Guitar“, einem speziell angefertigten Instrument, das Töne unendlich lange halten kann und so die ätherischen, anschwellenden Gitarrenklänge erzeugt, die den Song tragen. Als erste Nummer-eins-Single der Band in den USA öffnete der Song die Tür zu ihrem monumentalen Album The Joshua Tree und definierte den Stadion-Rock für eine neue Generation.


14. Whitney Houston - "I Wanna Dance with Somebody (Who Loves Me)" (1987)

Auf den ersten Blick ist dies einer der überschwänglichsten und fröhlichsten Popsongs, die je aufgenommen wurden. Doch unter der glitzernden Oberfläche aus Synthesizern und treibenden Beats verbirgt sich eine tiefe Sehnsucht. Der von Narada Michael Walden produzierte Track sollte bewusst einen funkigen, tanzbaren Vibe mit einem massiven Pop-Hook kombinieren. Der Text, geschrieben vom selben Team wie ihr Hit „How Will I Know“, erzählt die Geschichte einer Person, die tagsüber erfolgreich und stark ist, aber nachts von Einsamkeit heimgesucht wird: „And when the night falls, loneliness calls“. Dieser Kontrast zwischen musikalischer Euphorie und lyrischer Melancholie verleiht dem Song eine unerwartete emotionale Tiefe. Er ist ein Lied zum Feiern und zum Fühlen der Einsamkeit, oft beides gleichzeitig. Damit schuf Whitney Houston die Vorlage für das Genre des „Weinens auf der Tanzfläche“, das Jahrzehnte später von Künstlern wie Robyn perfektioniert wurde.


15. Guns N' Roses - "Sweet Child O' Mine" (1987)

Hard Rock in den 80ern war oft laut, aggressiv und protzig. Doch mit „Sweet Child O' Mine“ bewiesen Guns N' Roses, dass das Genre auch eine verletzliche, zärtliche Seite haben konnte, ohne an Schärfe zu verlieren. Das ikonische Eröffnungsriff, eines der bekanntesten der Rockgeschichte, entstand zufällig als „Fingerübung“ von Gitarrist Slash während einer Probe. Sänger Axl Rose hörte es, erkannte sein Potenzial und schrieb dazu einen Text, der auf einem Gedicht für seine damalige Freundin Erin Everly basierte. Die Band selbst hielt den Song anfangs für Füllmaterial. Doch mit seiner ungewöhnlichen Struktur, die von einem sanften Liebeslied zu einem explosiven Hard-Rock-Finale („Where do we go now?“) anwächst, wurde er zur einzigen Nummer-eins-Single der Band in den USA und machte ihr Debütalbum Appetite for Destruction zu einem der meistverkauften Alben aller Zeiten.


16. The Cure - "Just Like Heaven" (1987)

Robert Smith und The Cure waren die unbestrittenen Könige der Düsternis, doch mit „Just Like Heaven“ schufen sie den perfekten Popsong. Inspiriert von einem Ausflug mit seiner späteren Frau Mary Poole zu den Klippen von Beachy Head, beschrieb Smith den Song als das Gefühl des „Hyperventilierens - Küssen und ohnmächtig zu Boden fallen“. Die Musik fängt diese schwindelerregende Euphorie perfekt ein: eine absteigende, glockenhelle Gitarrenmelodie, eine treibende Basslinie und schwebende Synthesizer-Schichten erzeugen eine traumhafte, sehnsüchtige Atmosphäre. Der Song wurde zum ersten Top-40-Hit der Band in den USA und bewies, dass ihre einzigartige Mischung aus Melancholie und Pop auch ein Massenpublikum erreichen konnte, ohne ihre alternative Glaubwürdigkeit zu verlieren.


Teil 4: Die Revolution im Fernsehen: Hip-Hop und Pop auf dem Vormarsch (1988-1989)


17. N.W.A. - "Straight Outta Compton" (1988)

Wenn „The Message“ die Tür für sozialkritischen Rap öffnete, trat N.W.A. sie mit „Straight Outta Compton“ aus den Angeln. Dies war die explosive Geburtsstunde des „Gangsta Rap“. Mit einer rohen, kompromisslosen und aggressiven Darstellung des Lebens in Compton, Kalifornien, brachte die Gruppe die Realität von Gang-Gewalt, Armut und Polizeibrutalität ungefiltert in die amerikanischen Vorstädte. Die von Dr. Dre und DJ Yella angeführte Produktion war ein hartes, sample-lastiges Klanggewitter aus Funk-Riffs und dröhnenden TR-808-Drums. Das Album war so kontrovers, dass es praktisch kein Radio-Airplay erhielt und sogar einen Warnbrief des FBI provozierte - was seinen Bekanntheitsgrad und seine Verkaufszahlen nur noch steigerte. N.W.A. vermarkteten ihre Musik als „Reality Rap“, und ihre Macht zog sie aus der Wahrnehmung, nicht nur Geschichten zu erzählen, sondern live aus einem Kriegsgebiet zu berichten. Die Kontroverse war kein Makel, sondern der Beweis ihrer Authentizität.


18. Tina Turner - "What's Love Got to Do with It" (1984)

Dies ist eine der grössten Comeback-Geschichten der Musikgeschichte, verdichtet in einem einzigen Song. Nachdem sie 1976 mit nur 36 Cents in der Tasche aus ihrer gewalttätigen Ehe mit Ike Turner geflohen war, galt Tina Turner mit 44 Jahren als Relikt vergangener Zeiten. Doch mit dem Album Private Dancer und dieser Lead-Single erfand sie sich neu und wurde zu einem der größten globalen Superstars des Jahrzehnts. Der Song selbst, mit seiner eleganten, von Reggae beeinflussten Synth-Pop-Produktion, ist eine Hymne der emotionalen Resilienz. Der zynische Text, der die Liebe als „second-hand emotion“ (Gefühl aus zweiter Hand) abtut, ist ein Schutzschild, geformt aus den Narben der Vergangenheit. Ironischerweise wurde gerade dieser Song, der die Liebe in Frage stellt, zu ihrer ersten und einzigen Solo-Nummer-eins-Single in den USA und brachte ihr drei Grammys ein, darunter die Auszeichnung für die Platte des Jahres.


19. New Order - "Blue Monday" (1983)

„Blue Monday“ war die Brücke, die Post-Punk mit der Tanzfläche verband. Entstanden aus dem Wunsch der Band, die boomenden Bassdrums der New Yorker Clubs nachzuahmen, ist dieser siebeneinhalbminütige Track ein elektronisches Epos. Er wurde mit damals hochmodernem Equipment wie dem Oberheim DMX Drumcomputer und einem frühen Sampler erschaffen. Die leicht schräge, unheimliche Synthesizer-Melodie entstand durch einen Programmierfehler von Keyboarderin Gillian Gilbert, die versehentlich eine Note ausliess - ein glücklicher Zufall, der den Charakter des Songs prägte. Mit seinem futuristischen Sound und der von Peter Saville entworfenen, ikonischen Plattenhülle im Stil einer Floppy-Disk wurde „Blue Monday“ zur meistverkauften 12-Zoll-Single aller Zeiten - obwohl das Label Factory Records aufgrund der teuren Hülle anfangs bei jedem verkauften Exemplar Geld verlor.


20. Madonna - "Like a Prayer" (1989)

Kein Song fasst die Essenz der 80er Jahre - ihre Ambitionen, ihre Widersprüche und ihre Genialität - besser zusammen als „Like a Prayer“. Es ist Madonnas Meisterwerk, eine kühne Fusion aus Pop, Rock, Gospel und Funk. Der zutiefst persönliche Text, der von ihrer katholischen Erziehung und dem Tod ihrer Mutter inspiriert ist, spielt brillant mit der Doppeldeutigkeit von religiöser Hingabe und sexueller Ekstase. Die Hinzunahme eines Gospelchors verleiht dem Song eine spirituelle Erhabenheit, die im Kontrast zu den provokanten Anspielungen steht. Berühmt wurde der Song jedoch durch die Kontroverse, die sein Musikvideo auslöste: brennende Kreuze (als Symbol des KKK, nicht als antichristliches Statement), Stigmata und die Darstellung eines schwarzen Heiligen, der zum Leben erwacht, führten zur Verurteilung durch den Vatikan. Diese Kontroverse war jedoch kein Unfall, sondern ein strategischer Geniestreich. Madonna hatte kurz zuvor einen millionenschweren Werbevertrag mit Pepsi abgeschlossen. Als das Video den Skandal auslöste, kündigte Pepsi den Vertrag, doch Madonna durfte ihre Gage von 5 Millionen Dollar behalten. Die weltweite Empörung verschaffte dem Song und dem Album unbezahlbare kostenlose Werbung und lehrte Madonna und die gesamte Branche eine wertvolle Lektion: Kontroverse, richtig eingesetzt, ist das mächtigste Marketinginstrument überhaupt. Es war der ultimative Ausdruck der 80er-Jahre-Fusion von Kunst und Kommerz.

 

Fazit: Wenn wir heute auf diese 20 Songs zurückblicken, wird klar, dass ihr Einfluss weit über bloße Nostalgie hinausgeht. Die 80er waren kein abgeschlossenes Retro-Jahrzehnt, das nur für Mottopartys und Wohlfühl-Playlists taugt. Sie waren ein musikalisches Labor, in dem die DNA der modernen Popmusik geformt wurde. Das Erbe dieser Ära ist allgegenwärtig. Die kühlen, von Synthesizern getragenen Klanglandschaften von New Order, The Human League und Eurythmics leben in der Musik von globalen Superstars wie The Weeknd und Dua Lipa weiter. Das von Michael Jackson, Prince und Madonna etablierte Modell des Pop-Künstlers als Gesamtkunstwerk - als Auteur, der jeden Aspekt seiner kreativen Vision kontrolliert - ist heute der Standard für die größten Namen im Geschäft. Die sozialkritische Kraft, die mit „The Message“ und „Straight Outta Compton“ in den Hip-Hop Einzug hielt, bildet das Fundament für das politische Bewusstsein von Künstlern wie Kendrick Lamar. Und die genreübergreifende Kollaboration von „Walk This Way“ ist in der heutigen, stilistisch fließenden Musiklandschaft die Norm, nicht die Ausnahme. Die 80er Jahre sind nie wirklich zu Ende gegangen. Ihre Klänge, ihre Strukturen und ihre Strategien sind so tief in unserem kulturellen Gefüge verankert, dass wir, musikalisch gesehen, immer noch in der Welt leben, die diese 20 Songs mitgestaltet haben. Sie sind nicht nur der Soundtrack eines vergangenen Jahrzehnts, sondern der Bauplan für den Pop von heute und morgen.

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Über den Autor
S. Wernke-Schmiesing

Während meines Studiums gründeten wir 2008 die Dance-Charts. Als reine Musik-Promotion-Agentur gestartet, entwickelte sich die Plattform zu einem der größten Blogs und News-Portale für Dance-Musik in Deutschland. Als Chefredakteur heißt es täglich News recherchieren und Entscheidungen treffen. Neben der Tätigkeit für die Agentur bin ich regelmäßig als DJ in Clubs und Großraumdiskotheken unterwegs.

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