Meredith Quill hat ihrem Sohn Peter, der später auf Xerxes seine Bestimmung als „Star-Lord“ findet, ein „Mix Tape“ mit dem Titel „Awsome Mix Vol. 1“, auf dem sie ihre Lieblingslieder der Jugend aufgenommen hat, geschenkt. Sekunden vor ihrem Krebstod im Jahre 1988 gibt sie ihrem Sohn ein weiteres Geschenk, das eine zweite Kassette enthält, Star-Lords Bezug zu seiner Familie und der Erde.
Stopp! Kommt gerade niemand mit? Wer nicht die Marvel-Comics liest oder zumindest die „Guardians of the Galaxy“-Filme kennt, der ist aufgeschmissen. Das ist eben schräges Science-Fiction-, Superhelden-Zeugs in epischer Reinform. Doch für viele Leser, die nach 2000 geboren sind, gibt es noch ein Verständnisproblem:
Eine Revolution für die Kinder der 1970er- und 1980er-Jahre war die Kassette. Ein Speichermedium für Tonaufnahmen, das selbst bespielt und überspielt werden konnte und durch die kompakten Abmaße (es gab bereits lange zuvor unterschiedliche Bandmaschinen und Tonbänder, die aber unkomfortabel waren) überall mit hingenommen werden konnte - genial! Bis zum Doppelkassettenlaufwerk saß eine Generation von Jugendlichen mit Mikrofon vor der Box aus der die knisternde LP abgespielt wurde oder das Radio lief und nahm Musik in haarsträubender Qualität auf. Man hörte Rascheln, Husten, den Moderator im Radio, der extra in die Songs moderiert hatte, damit man sie nicht vernünftig aufnehmen konnte und natürlich Aufnahmen in mieser Allgemeinqualität.
Das war aber egal, jeder Junge hatte es selbst in der Hand, seiner Angebeteten ein Tape (der englische Name der Kassette) mit seiner Lieblingsmusik zu mixen (na ja, nicht mixen… sondern nach dem Lied wurde die Stopp-Taste gedrückt und beim nächsten Songs mit einem Knacken das nächste Lied begonnen). In jedem Songtitel versteckte der Jüngling geheime Botschaften, um das Herz des Mädchens zu gewinnen. Das ist doch schon fast romantisch. Geblieben ist der Begriff „Mix Tape“ für eine selbst zusammengestellte Compilation oder heute schlicht „Playlist“. Doch selbst DJs nutzten die dumpfen und mittenlastigen Tapes, die durch das Band oft auch noch leierten. Um eine lange Geschichte abzukürzen, kam die CD und siegte gegen LP und Kassette.
Der Siegeszug (als Randerscheinung) der LP als Sammelobjekt und besonders „crispem“ Sound ist schon ein paar Jahre her. Jeder Hip-Hopper, der etwas auf sich hält, bringt wieder LPs raus (meist mit MP3-Download oder CD als Beigabe - wie unehrlich). Doch die Kassette braucht wirklich niemand. In Kinderzimmern dudeln noch immer Bibi Blocksberg und Co. als Dinosaurier der Tonaufnahmen. Doch im Musikgeschäft nimmt das ehemals große Medium einen verschwindend geringen Anteil ein. Forbes hat die aktuellen Zahlen für die USA herausgegeben, die in Europa ähnlich einzustufen sind. Forbes gibt an, dass in den USA weniger als ein halbes Prozent aller Albenverkäufe (Downloads und Streamingdienste sind nicht einmal eingeschlossen) Kassetten sind; und das nach einem sprunghaften Anstieg der Kassettenverkäufe um 35% in den USA im Jahr 2017. Das ist erdrutschartig, ehrlich. Doch letztlich sind es insgesamt dennoch nur 174.000 Kassetten-Tonträger, die in den USA über den Ladentisch gingen.
Den ganzen „kleinen Hype“ um die Kassette haben nur die beiden Guradians of the Galaxy Filme und eine dazugehörige TV-Serie ausgelöst. Wer die Soundtracks stilecht hören wollte, der musste den Ghetto-Blaster oder Walkman entstauben und kaufte sich die Original-Soundtrack zu den Filmen auf Kassette. Nach Forbes waren fast ein Viertel (22%) aller Kassettenverkäufe in den USA Titel, die mit Guardians of the Galaxy in Verbindung standen.
Fazit: Trotz der Verkaufssteigerung um über ein Drittel im Bereich der Kompakt-Kassetten ist dieser kleine Boom eine Begleiterscheinung der „Guardians of the Galaxy“-Filme und nicht als eigenständige Rückbesinnung auf das Medium zu sehen. Wer Musik in guter Qualität hören und nutzen möchte, der wird ohnehin die Kassette nicht ernsthaft wieder zur Hand nehmen, selbst wenn die älteren Musikfreunde einen verklärten nostalgischen Blick auf die „echten Mix Tapes“ haben.
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