TikTok hat sich im vergangenen Jahr zu einem wichtigen Faktor für den Erfolg von Musik entwickelt und immer wieder einzelne Musik-Trends zu großen Hits gemacht. Das beste Beispiel dafür ist wohl Jason Derulos Sommerhit “Savage Love“. In den letzten Wochen war vor allem ein Trend auf der Social-Media-Plattform besonders beliebt. Die Rede ist natürlich vom Shanty “Wellerman“. Was es mit dem 150 Jahre alten Lied auf sich hat, woher der Erfolg stammt und alle weiteren wichtigen Infos zum Viral-Hit bekommt ihr im Folgenden.
Zunächst einmal sollten wir die Frage klären, was ein Shanty überhaupt ist. Bei Shantys handelt es sich um alte Seemannslieder, die zur Motivation bei der harten Arbeit an Bord gesungen wurden. Gesungen wurden diese Seemannslieder nach dem „call-and-response“-Prinzip: Ein Seemann stimmte eine Strophe an und die restlichen Seeleute stießen im Refrain als Chor dazu. Bei “Wellerman“ oder wie es ursprünglich eigentlich hieß “Soon May the Wellerman Come“ handelt es sich eben um ein solches Shanty, das zwischen 1860 und 1870 entstanden sein soll. Das aus Neuseeland stammende Seemannslied hat seinen Namen einem der damalig im Walfang in Neuseeland führenden Unternehmen, das von den aus englischstämmigen Weller-Brüdern Edward, George und Joseph gegründet wurde, zu verdanken. Als „Wellerman“ wird im Song das ersehnte Versorgungsschiff, das die Walfänger mit dem Nötigsten ausgestattet hat, bezeichnet. So heißt es im Refrain „Soon may the Wellerman come and bring us sugar and tea and rum”, zu Deutsch „Bald wird der Wellerman kommen und uns Zucker, Tee und Rum bringen“.
In den letzten Jahrzehnten gerieten Shantys wie dieses immer weiter in Vergessenheit, aber jetzt folgt die Renaissance der Seemannslieder. Zumindest ein Song hat es jetzt geschafft, sich wieder in den Köpfen der Menschen festzusetzen. Das war jedoch auf keinen Fall so zu erwarten, aber fangen wir von vorne an.
Der schottische Postbote Nathan Evans wollte ursprünglich nur seinem Bruder den Track zeigen und lud eine Version des Seemannlieds auf TikTok hoch. Zuvor hatte der 26-Jährige, der ein Faible für Seemannsmusik hat, schon mehrere andere Shantys hochgeladen, weshalb er auf keinen Fall damit gerechnet hatte, dass das Video so einschlägt. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Bis zum aktuellen Zeitpunkt sammelte sein TikTok-Video 160 Millionen Likes und auf anderen Plattformen wurde der Track von Millionen weiteren Menschen gehört. Hinzu kommen die Videos von Personen, die sich als der „Chor von Seeleuten“ ins Video ergänzt haben und so das „call-and-response“-Modell der ursprünglichen Shantys ins Internet übertragen haben. Durch dieses Teilen entwickelte sich der Song auch erst vollständig zum Internet-Hit. Mittlerweile ist die Nummer auch außerhalb der sozialen Plattformen extrem erfolgreich. Die „originale“ Interpretation des Shantys von Nathan Evans generierte seit dem Release über Universal Music Ende Januar alleine auf Spotify knapp sieben Millionen Streams. Durch diese große Label-Unterstützung im Hintergrund und die Internetpopularität konnte die Nummer auch sofort in die deutschen Charts einsteigen. In dieser Woche ist das Stück sogar bis auf den zweiten Platz geklettert.
Zudem erschienen mittlerweile einige Remixe, die den Erfolg des Titels noch einmal vergrößert haben. Der aktuell erfolgreichste Mix von den beiden britischen Produzenten-Acts 220 KID und Billen Ted macht den Track radiotauglich.
Kürzlich haben auch Harris & Ford ein Festival-Cover zum Track erstellt, aber hört gerne selbst mal hinein.
Der plötzliche Erfolg des Titels ist in erster Linie mit der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen zu begründen. Wie die Seemänner damals auf dem Schiff, müssen wir jetzt alle zuhause ausharren. Doch genauso wie damals lässt es sich mit Musik und gemeinsamen Singen deutlich besser ertragen. Die Message, die die Single verbreitet, ist genauso erstklassig wie die Geschichte hinter dem Erfolg. Aber schreibt uns doch gerne in die Kommentare was ihr von diesem Phänomen haltet.