In den 1990er Jahren legte Moby die besten elektronischen Sets auf. Mit den drei Scheiben „Play“ (1999), „18“ (2002) und „Hotel“ (2005) verewigte er sich als Produzent in der Hall of Fame der elektronischen Tanzmusik. Treibende Beats, fast kitschig-elektronische Streicher, emotionale Samples, eingängige Top-Lines. Ein paar Jahre gehörte Moby zur Elite der Charts mit massentauglicher EDM. Doch 15 Jahre ließen Moby in acht weiteren Alben blass, müde, einfallslos wirken. Viele soziale Projekte begleitete er und hatte etwas zu sagen, doch in der Musik erfand er sich nicht neu.
Einen der größten elektronischen Produzenten der frühen 2000er erwartet man nicht bei der Deutschen Grammophon. Das ist einer der renommiertesten Labels für klassische Musik. Und tatsächlich kam die Idee eines Albums bekannter Tracks mit dem Budapest Art Orchestra von dem Label. Dies schien Moby Energien freisetzen zu lassen und er wechselte den wenig teamorientierten Solo-Chefsessel des Producers und ließ sich in Arrangements und Orchesterarbeit fallen.
Natürlich gibt es viele Parallelen zischen dem Produzieren am PC und dem Arrangieren mit Musikern, jedoch ist das Handwerk ein anderes. Dadurch, dass Moby Banderfahrungen (wohlgemerkt mit Punk-Bands) hatte und Instrumente spielen kann, war der Schritt des Arrangierens nicht Welten entfernt, doch man hört den Tracks schon an, dass der Schwerpunkt nicht auf der Auslastung des Orchesters liegt, sondern viele Elemente der elektronischen Produktion, mit Samples und VST Instrumenten auftauchen. Somit haben einige Tracks einen schweren Stand. Da Teile nicht so anders sind als das Original, vergleicht das Gehirn den Reprise-Track mit dem bekannten Original, womit es der neu arrangierte Song zunächst schwerer hat, da die neue Hörklang-Erfahrung im Gehirn verknüpft werden muss.
In den Arrangements hätte ich mir gewünscht, dass sich Moby noch tiefer in den opulenten, orchestralen Sound der echten Instrumente eingelassen hätte. Die Auswahl der gefeatureten Sängerinnen und Sänger ist dagegen unglaublich gut. Außergewöhnliche Stimmen, ungewöhnliche Wendungen, künstlerische Freiheiten. Die Parts und Songs die Moby selbst singt bleiben etwas unsauber, wirken fragil bis gebrochen. Bei Auto-Tune und voice-polish ein erfrischend ehrliches Hörerlebnis. Bei „The Lonely Hearts“ singen scheinbar Mark Lanegan und Kris Kristoffersen kontinuierlich aneinander vorbei, wobei es zugleich die Harmonie des Songs darstellt und teilweise so final wie „Hurt“ von Johnny Cash wirkt. Selbst die Balladen-Interpretation von Bowies „Heroes“ wird mit jedem Hördurchgang besser.
Reiht sich das Album in die Folge der gering innovativen Alben von Moby der letzten Jahre ein? Nein. Es ist ein sehr hörenswertes Album, das viele spannende musikalische Aspekte bereithält. Aus Sicht eines Klassik-Liebhabers hat es nichts mit E-Musik zu tun und ist nicht musikalisch-instrumentell hochwertig. Ich hadere an den Original-Streichern, die versuchen die Songs ernsthafter wirken zu lassen, aber den Hang zum Schmalzigen haben. Die Synthi-Streicher der Original-Tracks waren immer etwas over-done, sodass sie den weiteren emotionalen Elementen nicht im Weg standen.
Fazit: Moby schafft es, auf seine speziell melancholisch-treibende Weise, voller scheinbar echter Emotionen, den Hörer mitzunehmen auf eine Reise außerhalb von Zeit und Raum. Und somit passt das Album in dieses Jahr, mit den Tracks, die zum Teil bereits 20 Jahre alt sind, ohne aus der Zeit zu fallen. Diese Kombination aus Orchester, Stimme und Samples lässt das Album mit jedem Durchgang besser werden. Eine Auszeichnung, die nur wenige Alben erhalten. Dabei wird es polarisieren. Über dieses Album wird in der nächsten Zeit gesprochen werden.
Hier hast du die Möglichkeit den Song zu bewerten. Einfach die gelben Sterne auf der rechten Seite anklicken. Die Gesamtwertung ist ein Mittelwert aller abgegebenen Stimmen.
Sei der Erste, der hier einen Kommentar schreibt.