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Kolume von tyDi

Über die Zukunft der EDM

(Geschätzte Lesezeit: 3 - 6 Minuten)

tyDi

tyDi ist hier bei uns in Deutschland eher unbekannt. Der australische Trance-DJ und Produzent aus Brisbane wurde 1987 geboren und brachte bisher gut zwei Dutzend Songs, zwei Alben und diverse Remixe für bekannte Acts wie "4 Strings", "Rank 1" oder John O'Callaghan" herraus. Er spielte mit DJs wie Armin van Buuren oder Paul van Dyk und gewann unzählige DJ-Awards. Mit mehr als 200.000 Facebook-Fans gehört er zu den wichtigen Leuten im Trance-Genre. Er ist bei Universal Music unter Vertrag.

Vor kurzem veröffentlichte er via Facebook ein interessantes Statement zur aktuellen Lage der EDM-Szene. Dabei spricht er mehrere Themen an. tyDi sieht momentan eine Gefahr für die EDM-Szene und fordert mehr Innovation von den Produzenten hinsichtlich neuer Songs. Wir haben den sympathischen Australier gefragt, ob wir seine Kolumne ins Deutsche übersetzen- und auf unserer Webseite veröffentlichen dürfen. Viel Spaß beim Lesen der folgenden Zeilen von tyDi.

 


Ich bin berechtigterweise über die Zukunft der Electronic Dance Music (EDM) besorgt...Wenn Produzenten nicht den grundlegenden Ansatz ändern, alles zu kopieren, was "cool" klingt wird das gesamte Schiff sehr bald sinken. Ich kann bereits jetzt schon in den Augen der Fans sehen, dass sie den Trend satt haben, dass jeder Track exakt gleich klingt. Das Publikum wird müde.

Fokussieren sich die Produzenten zu sehr auf das Schaffen eines billigen, schnellen Produktes, statt auf Musik hinzuarbeiten, die unvergesslich sein müsste? Ich spreche hier von dem Ansatz, dass momentan jeder Song so einfach wie möglich gehalten wird. Musik die so extrem "verdummt" bzw. abgestumpft wird, dass sie ihre musikalische Seele verliert; eine laute Kickdrum, ein Bass und ein kreischender, belangloser und austauschbarer Sound, der als eine Art Lead-Sound agieren soll - ja, das funktioniert, ja, das ist laut, ja, das knallt im Club...Aber werden sich die Leute später noch daran erinnern?

Dieses Schema wird bei EDM im Moment immer und immer wiederholt, und genau an diesem Punkt realisieren die Leute, dass es keine Innovation mehr gibt. Ist es statt dessen eine Gehirnwäsche mit ständigen offensichtlichen Wiederholung und somit der billige Versuch einfach nur mehr Kopien zu verkaufen, als der Mann, der es als erster produziert hat? Ich kann mir keine EDM-Charts mehr anhören, da die Innovation verloren gegangen ist. Wo sind die neuen Ideen?

Wie auch immer, ich weiche ab. Ich sollte diese hier für Newcomer-Produzenten schreiben...Die Kids da draußen, die ihre eigenen Musik machen wollen. In jedem Interview werde ich gefragt: "Welchen Tipp würdest du aufstrebenden Produzenten geben?" Hier ist meine Antwort:

tyDiBitte Jungs, lernt Musiktheorie....Wahrhaftig, lernt es! Kennt den Unterschied von Tonarten, Akkordwechsel, Triolen, Quinten, Jazz Akkorden, Dissonanzen, ect. Lernt wie ihr eine Dissonanz zu eurem Vorteil nutzen könnt. Lernt alles über Kadenzen und warum das Auflösen bestimmter Kadenzen ganz bestimmte Gefühle auslöst oder warum unaufgelöste Kadenzen euch mit einem mystischen bzw. nachdenklichem Gefühl zurücklassen. Lernt wie in Kompressor wirklich funktioniert. Lernt warum ein bestimmter Dynamikbereich im Song so wichtig ist, um einen fetten "Impact" zu erzeugen oder Power für die Drums-Abteilung. Lernt dass es nicht immer gut ist eurem Songs so laut an die Wand zu mastern bis sie verzerren und dass den Zuhörern buchstäblich nach drei Minuten die Ohren bluten. Informiert euch über Synkopen und rhythmischer Dissonanz.

Ich weiß, dass hört sich jetzt nach viel an, aber ich verspreche euch: es gehört so viel mehr zum Musikmachen, als einfach nur Samples zusammen zu schieben. Ich möchte nicht mehr sehen, wie sich die Seele der Musik in eine schmerzhaft banale und übertrieben kalte Sache verwandelt. Wir Produzenten müssen daher aufhören den Leuten zu sagen, dass es okay ist, einfach ein Sample-Pack zu nehmen und einen kompletten Song damit zu produzieren, der auch noch auf den selben Loops basiert, die jeder andere auch verwendet.

Ein paar Loops zu arrangieren macht euch noch nicht zu einem Songwriter und es macht euch ganz sicher nicht zu einem Künstler. Songwriting ist das Schaffen eines Musikstücks von Anfang bis Ende - etwas mit einem musikalischem Element. Nicht einfach nur eine Kickdrum mit einem lauten gebogenen Sound, der tyDi-USA-Tourextrem verzerrt. Ich meine das mit allem Respekt: Die Leute sollen wieder Musik bewundern und verehren. Ich möchte, dass die Leute einen Song nicht nur in einer Club-Umgebung lieben, sondern dass sie sich an den Song erinnern, sich in ihn verlieben und dann nach Hause gehen und darüber nachdenken.

Ich habe mich in EDM verliebt aufgrund der Songs, die sich dem Genre-Klischee widersetzen, clever, faszinierend und clever waren. Ja, es waren Dance-Songs, aber sie hatten ein Gefühl. Auch wenn dieses Gefühl einfach nur "ICH WILL PARTY MACHEN" war...Das ist gut so, meine Fans wissen, dass ich auch hin und wieder einen guten Pop-Song lieben kann (aktuelle Pop-Musik hat übrigens oft mehr Musikalität, als der momentan EDM-Trend). Musik kann so gewichtig sprechen, sie kann wirklich wie eine Droge agieren. Musik kann dir einen Schauer auf deinen Rücken zaubern.

Ich fordere daher alle neuen Produzenten auf: BITTE öffnet euch und produziert Scheiben, die sich nicht danach richten, was momentan am meisten verkauft wird. Denkt einfach darüber nach, was ihr nachhaltig schaffen möchtet. Ihr wollt einen fetten Dance-Song? Ihr wollt eine kraftvolle Vocal, die so perfekt zu deinen Harmonien passt, dass du eine Gänsehaupt bekommst? Du willst einen Song, dass Einflüsse von Rock, Jazz, Klassik oder Pop besitzt? DU KANNST ES EINFACH MACHEN! Du brauchst dazu keine fertigen Loops oder Sample-Packs! Du musst nur die Regeln der Musik kennen.

Wenn wir weiterhin den Leuten erzählen, dass Dance-Musik zu produzieren einfach ist, und man nur einen fetten Beat mit ein paar Zufallssounds kombinieren muss, wird die gesamte EDM-Szene wie ein Lego-Turm zusammenfallen. Ich möchte, dass nicht nur die Songs an sich wertgeschätzt werden, sondern auch die Musiktheorie, welche die Ursache dafür ist, wie sie man sich fühlt, wenn man einen Song hört.

Entschuldigt mein Schimpfen,

Tyso

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