Für die peinlichen Vorgänger waren dumme Zuschauer nötig,um Dem völlig zu blamieren.
Diesmal ist Top5 möglich,aber kein Sieg
Wenn es nicht direkt klingelt … Ben war Zweiplatzierter bei der 2018er Staffeln von "The Voice of Germany". Zudem war der Berliner, der in Ljubljana aufgewachsen ist, 2016 mit "D Base" Teilnehmer beim slowenischen ESC-Vorentscheid. Und heute sagte er: "Ich werde alles für Deutschland geben. Für mich wird ein Traum wahr."
Moment, wo war denn die Live-Show "Unser Song für Rotterdam" in diesem Jahr? Der NDR (als ESC-verantwortlicher Sender in der ARD) hat einfach mal, nach über 10 Jahren, auf eine Live-Show verzichtet, um den Song für den ESC auszuloben. Gut so. Wer der Live-Farce "Unser Song für" nachweint, hat das Prinzip nicht durchdrungen. Es ging nicht um einen demokratischen Vorgang. Vielmehr hatte die Show weniger als drei Millionen Zuschauer, die so gar nichts mit dem Eurovision am Hut hatten (Kernklientel: Silver Ager mit Heimatliederkernkompetenz). Und genau diese Zuschauer wählten per Televoting den Song für die weltweit größte TV-Musikveranstaltung. Ein Garant für einen der letzten Plätze.
In diesem Jahr gab es eine 100-köpfige Zuschauerjury, die sich dadurch qualifizierten beim letzten ESC die passgenausten Vorhersagen zu treffen und einer etwa 20-köpfigen Expertenjury, die ganz tief in den Strukturen des ESC zuhause sind (zum Beispiel als Songwriter). Diese beiden unabhängigen Jurys haben sich durch knapp 600 Songs gewühlt und im Hintergrund gehört und gepuzzelt, welche Songs zu welchen Stimmen passen.
Der Vorteil dieser geheimen Struktur ist, dass bekannte Künstler im Auswahlprozess sein konnten, aber kein Bashing befürchten mussten, wenn sie nicht gewählt wurden. Denn so sehr es in vielen Ländern des erweiterten Europas eine Ehre ist das eigene Land zu vertreten, so sehr kann es in Deutschland ein Karriere-Makel sein. Schade.
Die gigantische Veranstaltung ist in vielen Ländern ein Highlight, zwischen Fasching, Fußball-WM-Finale und kollektiver Party. In Deutschland bleibt noch immer ein muffiges Gefühl zurück, wenn vom ESC berichtet wird. Der NDR hat es mit professioneller Hilfe nun ernsthaft angegangen, diesen Muff endlich auch bei uns zu vertreiben.
Mit dem frühen Vorstoß ist bereits die erste Hürde genommen. Es ist ein Song, der nun noch lange genug in den Playlists auftauchen und in Hot-Rotation aufgenommen werden kann. Ein professionelles Video ist umgesetzt und bereits heute veröffentlicht worden und das Staging wurde sicherlich ebenso professionell angegangen. Mit Staging ist die eigentliche Bühnenshow beim Eurovision gemeint, die einen guten Song so weit unterstützen kann, dass er sich fast perfekt anfühlt.
Keine Nebensache, aber nun erst in der Betrachtung: der Song selbst. Bei der Stimme können sich durchaus die Geister scheiden, da sie sehr hoch und einnehmend ist. Andererseits kann sie, wie es Thomas Schreiber (ARD-Unterhaltungschef) beschrieben hat, auch als "glasklare und gefühlvolle Stimme" beschrieben werden. Auf jeden Fall passt die Stimme und der metrosexuelle Typus von Ben Dolic gut zum musikalischen Konzept. Der Track ist eine EDMige Uptempo Pop-Nummer, die in Ohren und Beine geht und - das ist wichtig - auch schon beim ersten Hören funktioniert.
Die justin-timberlake-artigen Tracks zaubern ein Lächeln auf das Gesicht, sind aber eigentlich schon seit einigen Jahren erfolgreich für Schweden gebucht. Für Deutschland ist das aber quasi innovatives Neuland. Im Gesamtkontext des bisher sehr Power-Balladen lastigen Starterfeldes tut eine fast club-würdige Nummer sehr gut.
Fazit: Mit leichter Bit-Too-Late-Tendenz könnte bei entsprechender politischer und gesamtgesellschaftlicher Stimmung "Violent Thing" ziemlich gut durchstarten und zumindest im oberen Drittel landen. Das wäre aber schon ein wichtiger Erfolg, um mittelfristig das Umdenken im deutschen ESC zu honorieren und somit für weitere Jahre zu stabilisieren.
Hier hast du die Möglichkeit den Song zu bewerten. Einfach die gelben Sterne auf der rechten Seite anklicken. Die Gesamtwertung ist ein Mittelwert aller abgegebenen Stimmen.