Christer Björkman ist Schwedens Delegationsleiter für den ESC und hat eine interessante Karriere hinter sich. In den 1980ern Jahren war er noch „singender Friseur“. 1992 wurde er der Vertreter Schwedens beim ESC, seit 2002 ist er der Produzent des „Melodiefestivalen“, dem komplexen Landesvorentscheid mit besten TV-Quoten und diversen Sendungen. 2013 produzierte der den ESC im eigenen Land. Und dieser Björkman spricht aus dem Herzen der meisten Schweden: Wir wollen der Welt mal zeigen, was wir für eine geile Show hinlegen können! (freie Interpretation)
Schweden ist der ESC, sagen zumindest die Schweden selbst. Aber vieles spricht für die selbstbewusste Einschätzung. Mit sechs Siegen liegt das skandinavische Land nur einen Sieg hinter Irland (noch so ein ESC-verrücktes Land) zurück. Zählt man die erhaltenen Gesamtpunkte aller Teilnahmen zusammen, liegt Schweden sogar weit an der Spitze. Im Sinne von Popularität im eigenen Land ist es ebenfalls mit keinem anderen Teilnehmerland zu vergleichen. Der oben erwähnte Vorentscheid hat bereits Einschaltquoten wie WM-Spiele der Fußballnationalmannschaft. Der ESC selbst ist immer der zuschauerstärkste TV-Event des Jahres. Die Sänger für Schweden sind Ikonen im eigenen Land, Songauswahl und Final-Platzierungen spiegeln die allgemeine Stimmung im Land wider. Da ist es doch eigentlich verständlich, dass Schweden des 60. ESC-Jahr gigantisch werden lassen will.
Die ESC Teilnehmer gehören der EBU an. Das heißt „European Broadcasting Union“, ist die Europäische Rundfunkunion und ihr gehören europäische und angeschlossene (auch z.B. Türkei, Marokko oder Israel) öffentlich-rechtliche TV- und Rundfunkstationen der Länder an. Darin ist genau der Haken zu sehen. Großevents finanzieren sich durch Werbeeinnahmen, natürlich der Fußball World Cup, aber auch die Olympischen Spiele. Das ist anders beim ESC, da öffentlich-rechtliche oder gar staatliche Sendeanstalten nicht aggressiv Werbung schalten dürfen, denn die Gelder der Gebührenzahler (z.B. GEZ) müssen solche Aufwendungen abdecken. Bis auf geregelte Sponsoren und Unterstützer bleibt der austragende Sender auf den Kosten der Veranstaltung sitzen. Das sind bei Produktionskosten von weit mehr als 20 Millionen Euro nicht mehr Erdnüsschen, auch nicht für große Sender. Nun muss jeder Sender abwiegen, was im Land gewollt wird und was (finanziell) möglich ist.
Die Entscheidung des schwedischen Sender SVT 2013 Malmö als Austragungsort auszuwählen traf die Ehre des ESC-Schwedens. 2011 hatte Deutschland gezeigt, wie gigantisch ein ESC aussehen kann, mit über 30.000 Zuschauern pro Show. Die „Chrystal Hall“ in Baku ein Jahr später war ein Politikum und war quasi für den ESC aus dem Boden gestampft worden. …und dann kam Malmö… In einer Multifunktionshalle, gegenüber von Kopenhagen, am äußersten Zipfel Schwedens sollten keine 10.000 Leute Platz finden. Das war enttäuschend für die Würde und zehrt noch bis heute. Zeit für Wiedergutmachung, finden die Schweden. Die größte Show aller Zeiten soll her: das wäre dann nur die „Tele 2 Arena“ in Stockholm mit bis zu 45.000 Zuschauerplätzen. Die Stimmung in der Bevölkerung ist klar nach Stockholm gerichtet, um bei diesem Event das Land entsprechend zu repräsentieren.
Fazit: Die Entscheidung zum Austragungsort des ESC in Schweden steht für die nächsten Wochen an. Schweden wünscht sich eine außergewöhnliche und riesige Show in der Hauptstadt, ob der veranstaltende Sender (SVT) mitzieht, bleibt abzuwarten. Zumindest wäre es der richtige Anlass für eine Reunion von ABBA, da wäre weltweites Aufsehen vorprogrammiert.
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