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Über Editorials zum großen Hit

Wie das mit den Spotify-Playlisten funktioniert

(Geschätzte Lesezeit: 4 - 8 Minuten)

Wie das mit den Spotify-Playlisten funktioniertSpotify-App. Genres, Stimmungen und Playlisten.

Wie funktioniert das eigentlich mit den Playlisten auf Spotify? Diese Frage stellen sich viele Musiker, Produzenten und Labels. Wie bekommt ein Song Reichweite und Sichtbarkeit, so dass er sich im Idealfall zu einem Hit entwickelt? Warum bekommt der eine Song kaum Streams, der andere aber Hunderttausende? Wie schafft es ein Titel in Editorial-Playlisten? Und warum passiert es, dass ein Song teilweise Jahre nach seiner Veröffentlichung plötzlich erfolgreich wird und viele Streams generiert. In diesem Artikel wollen wir euch erklären, wie das Playlist-System auf Spotify funktioniert.


Künstliche Intelligenz

Dass ein Song ein Hit wird und viele Millionen Streams generiert, liegt in erster Linie an zwei Dingen: zunächst muss der Song an sich hervorragend sein. Ein schlechter Song wird sehr selten ein Hit (Ausnahmen gibt es allerdings hin und wieder #WoBistDuMeinSonnenlicht). Dann muss der Track, ganz allgemein, den Menschen gefallen. Sie müssen anfangen ihn zu lieben und möglichst oft hören. Dieser zweite Punkt ist das zentrale Element im Spotify-System. Spotify hat hierfür einen Algorithmus - eine Künstliche Intelligenz - entwickelt, der in der Lage ist das Hörer-Verhalten zu messen, auszuwerten und dem Song so eine Bewertung zu geben.

Wie dieser Algorithmus en détail funktioniert, ist nur wenigen Menschen bekannt. Es ist ein streng gehütetes Firmengeheimnis Spotifys. Auch wir wissen nicht genau, wie die Künstliche Intelligenz von Spotify arbeitet, aber es gibt Hinweise, Indizien. Diese wollen wir im Rahmen dieses Artikels erläutern. Es sollte auch bedacht werden, dass es sich um eine Momentaufnahme handelt. Analog zum Google-Suchalgorithmus wird der Spotify-Algorithmus oftmals geändert, angepasst, optimiert. Die Kernfunktionalität dürfte im Wesentlich aber gleichbleiben.

Eine wichtige Erkenntnis für Leute, die ihre Musik auf Spotify hochladen ist, dass das Unternehmen börsennotiert ist. Es ist also dazu verpflichtet Gewinne zu machen und seine Anleger positiv zu stimmen. Das geht aus betriebswirtschaftlicher Sicht unter anderem am einfachsten, wenn man User möglichst lange auf der Plattform hält (daher auch das immer stärker werdende Podcast-Business auf Spotify). Hierfür stehen Spotify zwei Tools zur Verfügung. Zum einen: gute, hochwertige Musik in den Fokus zu stellen. Zum anderen den User stets mit frischem Content versorgen - also neue Songs anbieten. Daher zeigt Spotify gerne diejenige Musik, welche die höchstmöglichen Chancen hat, seine Anwender glücklich zu machen. Individuell angepasst - ermittelt von der KI.

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Wichtige Kennzahlen

Spotify ist in den letzten Jahren wahnsinnig gut darin geworden, Nutzer bei der Stange zu halten. Vermutlich liegt darin auch ihr Erfolgsrezept verglichen mit den Wettbewerbern wie Apple Music oder Deezer. Spotify ist eigentlich ein Unternehmen für Datenanalyse. Sie analysieren alle Daten, die sie bekommen können. Es wird ermittelt, wie lange man sich einen Song anhört, wann man einen Song teilt, wann man welchen Künstler folgt, während man einen Song hört, wann man einen Song zu seiner Wiedergabeliste hinzufügt wird und vieles mehr. Auch aus den Social-Media Plattformen wie TikTok oder Facebook werden Daten gezogen und aufbereitet.

Spotify MetrikenEinige Spotify Metriken.

Zwei Kennzahlen zählen dabei zu den wichtigsten Indikatoren. Das Verhältnis von gespeicherten Songs (der Herz-Button #Lieblingssongs) zu Hörern und das Verhältnis von Skips (Abbrüchen, bevor das Lied zu Ende ist) zu Hörern. Diese Indikatoren sind für Spotify das deutlichste Signal, ob den Leuten ein Lied gefällt oder nicht. Alle diese Daten erhalten eine Gewichtung und werden verwendet, um einen Song durch die Welt der Playlisten zu schleusen.


Pitching

Die Reise beginnt dabei mit dem Pitching-Prozess im Spotify for Artist Dashboard. Hier können Musiker und Labels ihre Songs selbst in Kategorien einteilen (wir empfehlen unbedingt diesen Prozess gewissenhaft und rechtzeitig - je eher desto besser - zu machen). Da jede Woche weltweit mehrere Zehntausend Songs neu auf Spotify veröffentlicht werden, wird der Algorithmus alle anstehenden Veröffentlichungen vorsortieren. Sobald ein Song veröffentlicht wird, kann eine mehrstufige Reise für ihn beginnen. Wenn ein Track zum Hit wird, durchläuft er fünf Stufen, die wir im nachfolgenden erläutern wollen. Wichtig: Ausnahmen gelten für Songs großer Stars. Eine neue Single von Robin Schulz oder von Kygo wird in der Regel die ersten Stufen überspringen und gleich zum Release-Day in große Mainstream-Playlisten genommen.

Spotify 4 ArtistsSpotify 4 Artists. Song Pitching.


Stufe 1: Editorial-Playlisten zum Release

Wie bereits erwähnt, sortiert der Spotify- Algorithmus vor. Das ist notwendig, da die Mitarbeiter von Spotify (Kuratoren) nicht in der Lage sind alle Songs anzuhören. Der Algorithmus berücksichtigt nach dem Pitching im Dashboard Dinge wie die Anzahl an Followern des Artists, seine monatlichen Hörer, wie die vorherigen Songs abgeschnitten haben, welchem Genre der Song angehört usw. Werden hier Kriterien erfüllt, landet der Song bei einem Kurator, der dann entscheidet, ob und in welche Editorial-Playlisten der Song ab seiner Veröffentlichung platziert wird. Bei EDM wären das zum Beispiel Playlisten wie “Dance Brandneu“, “Friday Crate Diggers“ oder “Club Beats“. Die meisten Songs erreichen allerdings nicht mal den Kurator. Ihre Reise endet schon vor der ersten Stufe.

Dance BrandneuDance Brandneu auf Spotify

Die erste Woche nach einer Veröffentlichung ist die wichtigste. Der Algorithmus berücksichtigt alle Schlüsselkennzahlen, über die wir gesprochen haben, und weiß genau, welche Songs am besten abschneiden. Dein Song wird dabei direkt mit den anderen Songs, die sich in der selben Playlist befinden, verglichen. Es ist ein harter Wettbewerb um Kennzahlen. Hat dein Track zum Beispiel eine schlechtere Skip-Rate als andere Songs in der Playlist, wird er schon sehr bald wieder aus der Playlist entfernt werden (wir erinnern uns: Spotify möchte User möglichst lange auf der Plattform halten. Guter Content ist wichtig). Hat er allerdings bessere Metriken als die anderen Songs in dieser Playlist, stehen ihm die Türen für die nächste Stufe offen.


Stufe 2: Discover Weekly

Die nächste Stufe ist die Discover Weekly Playlist. Dabei handelt es sich um eine personalisierte Playlist, die nicht von einer menschlichen Person (Kurator) bestückt wird, sondern von dem Algorithmus. Er soll dem Hörer Songs anbieten, die ihm möglichst gut gefallen werden. Im wöchentlichen Rhythmus wird diese personalisierte Playlist aktualisiert. Es gibt auch noch weitere automatisierte Playlisten dieser Art wie zum Beispiel "Radio“. "Genre Mix" oder "Your Daily Mix".

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Stufe 3: Genre-Editorials

Wenn dein Song in der Discover Weekly Playlist gut abschneidet und starke Kennzahlen liefert, besteht die Wahrscheinlichkeit, dass er in Editorials aufgenommen wird, die auf Genre und auf Stimmungen basieren. Das sind zum Beispiel Playlisten wie “Warehouse Party“, “Slap!“ oder “Wochenende“. Auch in diesen Playlisten konkurrierst du mit jedem anderen Song darin. Wenn dein Track in den Metriken ganz oben steht, wirst du wahrscheinlich in größere Genre-Playlists aufgenommen, wenn nicht, endet die Playlist-Reise hier irgendwann. Eine große Genre-Playlisten ist zum Beispiel die „MINT“ mit aktuell knapp 6 Millionen Followern. Sie ist mit die wichtigste Playlist für elektronische Musik auf Spotify. Wenn dein Song hier platziert wurde, wird er ganz sicher schon Millionen von Streams gemacht haben bzw. weitere machen. Aber auch hier konkurrieren die Songs gegeneinander. Sollte dein Track hier besser abschneiden als die meisten anderen in der Playlist, erreicht er die vierte Stufe.

MINT PlaylistMINT Playlist. Die größte Dance-Playlist auf Spotify.


Stufe 4: Mainstream-Playlisten

Wird dein Song in Mainstream-Crossover-Playlisten platziert, macht er wahnsinnig beeindruckende Streaming-Zahlen. Playlisten wie “Happy Hits“ werden von besonders vielen Menschen gehört. Sie beinhalten Songs in diversen Genres. Hier finden sich von Pop-Songs über Hip-Hop Titel bis hin zu Dance-Tracks alle möglichen Style. Vergleichbar mit der Musik, die auch im Mainstream-Radio gespielt wird. Ab hier gibt es nur noch einen Sprung weiter.

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Stufe 5: weltweite Spotify-Charts

Macht dein Song so viele Streams am Tag oder pro Woche, dass er zu den besten im gesamten Spotify-Ökosystem gehört, wird er in den weltweiten Spotify-Charts gelistet. Herzlichen Glückwunsch! Du hast einen weltweiten Megahit gelandet.

Spotify Charts Top 50Top 50 - Global. Die größten aktuellen Hits sind in dieser Playlist.


Kritik

Wie so oft im Leben sind besonders die ersten Schritte am schwierigsten, die erste Million ist am schwersten zu erreichen. Ebenso verhält es sich auf Spotify. Kleinere Künstler haben es schwer in dieses Stufen-System zu kommen. Wie Eingangs erwähnt, ist Spotify ein börsennotiertes Unternehmen. Und Firmen dieser Art scheuen in der Regel Risiken. So wird der Fokus stark auf etablierte Künstler gelegt, die in der Vergangenheit schon Erfolge erzielt haben, statt auf Newcomer, die vielleicht sogar die besseren Songs haben, aber denen eine Fanbase fehlt oder Social-Media-Power. Dennoch: unmöglich ist es nicht. Selbst unbekannte Künstler schaffen es Hits zu landen. Oftmals auch über Umwege wie TikTok. So kommt es in letzter Zeit häufiger vor, dass Songs, die bereits 3-4 Jahre alt sind, plötzlich Reichweite generieren, viral gehen und dann in das Stufen-System von Spotify hochgespült werden.

 

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    Anonymous · Vor 2 Jahren
    Sehr toller und informativer Artikel. Nachtrag:


    Popularity-Score: Diese prozentuale Angabe spiegelt den Spotify-Algorythmus bezogen auf einen Track wider und reicht von 0-100%. Der Score dient sozusagen zur Berechnung der Relevanz eines Tracks im Spotify-Universum. Denn hier werden alle genannten Faktoren wie Skip-, Save-, Stream-Listener-Rate, Playlist Adds, Playlist Engagement etc einbezogen. Was genau hinter diesem Faktor steckt ist offiziell nicht bekannt. Hier lassen sich nur Datenerhebungen, anekdotische Evidenz und deren Schlussfolgerungen einbeziehen. Doch eins lässt sich ohne Zweifel sagen, je höher der Popularity-Score desto wahrscheinlicher ist es, „the next big thing“ zu landen.
    20%: und Save Rate größer 20% Push beim Release Radar in den ersten 4 Wochen nach Release
    30% und Save Rate größer 10%: Discover Weekly Push - Wochen oder Monate nach Release
    50%: Editorials werden auf den Song aufmerksam, Genre Playlists

    Release Radar: Diese Algorithmische Playlist wird viel unterschätzt. Denn sie besitzt eine gute Eigenschaft. Wie im Artikel beschrieben ist es wichtig, Spotify hochqualitative Daten zu liefern von Hörer*innen. Zu allererst sollte man unbedingt seinen Song über Spotify For Artists pitchen. Denn so wird er für das Release-Radar der Follower des jeweiligen Acts freigeschalten. Je nach Größe des Acts bekommt der Song am Freitag nach Release dann einen Push; ergo der Popularity Index steigt. Jetzt kommt Werbung und Promotion ins Spiel. Für die Streams ist es immer schön, wenn Songs es in Playlisten andere und freie Kuratoren finden. Doch man muss sich bei dieser Promo-Strategie einer Sache bewusst sein: Die Hörer dieser Playlists sind nicht wegen des einen Songs eines Artists hier, sondern wegen der Playlist. Seid ehrlich: Wie oft schaut Ihr beim „Shuffeln“ einer Liste, auf den Artist-Namen oder lasst Like und Follow da??? … Spoiler: ni so oft :/ Aber unter dem Aspekt, dass Spotify User lange auf deren Plattform halten möchte und natürlich hohes Engagement und umso mehr NEUE NUTZER belohnt, wird der Track an diese neuen Fans (die vom Act direkt auf den Song aufmerksam gemacht werden) und deren Fans (Fans Also Like) in den nächsten Wochen in deren Release-Radar am Freitag gepackt. Folge: Popularity Index stiegt bis 30%
    Hier lässt sich dann schon abzeichnen, ob ein Song „gut oder schlecht“ ist. Denn jenachdem, in welcher Bubble der Song oft gehört wird, kann Spotify am besten einordnen, wem der Track noch gefallen könnte. Da Release Radar aber 4 Wochen nach Release nicht mehr bedient wird, springen die andern Algorithmischen Playlisten ein.

    Discover Weekly: Wenn Spotify nun also nach Release + 4 Wochen genug Daten vorliegen und es der Plattform möglich ist den Song in eine Genre/ Mood Schublade zu stecken, wird der Track an neue Hörer*innen ausgeliefert. Das übernimmt diese Playlist. Sie wird immer montags aktualisiert und es kann dann schon einmal vorkommen, dass eine Nummer mehrere Tausend Streams am Tag durch nur allein diese Playlist generiert. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass die Playlist bei einer Save-Rate von 10 Prozent oder höher und immer bei Popularity Index 30+ getriggert wird.
    Durch diese Playlisten werden automatisch die Fans Also Like Sektion und Radio Playlisten generiert. Auch „Radio“ kann sehr effektiv sein.

    Tipps: - Nutzt Werbetools wie Meta-, TikTok- oder Google Ads und geht direkt auf eure potentiellen Hörer zu. Ladet sie zu eurer „Party“ ein und generiert so neue Fans und Engagement. Wenn dann noch der Song gut ist, wird er mit Hilfe der Algorithmen seinen Platz im Business finden und kann so an die Spitze kommen. #OrganicPromotion - Nutzt Daten-Tools wie Songstats oder Musicstax. - Wenn Ihr wissen wollt, in welche Editorials euer Song gelangen könnte, klickt in der mobilen Spotify App auf euer Release-Album/ Single und Scrollt nach unten. Wenn da keine Playlisten stehen, liegen Spotify keine oder nur wenige Daten vor. Wenn da Playlisten stehen, die offensichtlich nicht zum Track passen waren die Daten nicht von guter Qualität. Heißt wiederum es wurden Bots, falsche Audience, oder Playlisten bedient, die nicht zum Song-Genre passen.

    Ich hoffe, dass der Nachtrag verständlich war und den ein oder anderen weiterhilft.
    Cheers
Über den Autor
S. Wernke-Schmiesing

Während meines Studiums gründeten wir 2008 die Dance-Charts. Als reine Musik-Promotion-Agentur gestartet, entwickelte sich die Plattform zu einem der größten Blogs und News-Portale für Dance-Musik in Deutschland. Als Chefredakteur heißt es täglich News recherchieren und Entscheidungen treffen. Neben der Tätigkeit für die Agentur bin ich regelmäßig als DJ in Clubs und Großraumdiskotheken unterwegs.

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