Den Beruf des DJs und Produzenten ausüben zu dürfen, gilt für viele als den Traum zu leben. So beschreiben es auch Vertreter wie Martin Garrix oder David Guetta, die in Interviews regelmäßig betonen, diese Tage nie hinter sich lassen zu wollen. Anders konnten Kandidaten wie Hardwell oder auch Avicii bereits lang vor seinem tragischen Ableben, dem Druck des Showbusiness nicht auf ewig standhalten. Neben diesen DJ-Größen, die ausführliche Statements veröffentlichen, gibt es aber auch eine Reihe an EDM-Musikern, die von heute auf morgen nichts mehr von sich hören ließen, teils ihre Aktivität in sozialen Netzwerken unterbrachen und spurlos verschwanden. Wir haben geschaut, wo diese abgeblieben sind und versucht, ihre Karrieren seit ihrem Rückzug zu verfolgen.
Der in Chicago geborene Musiker Maestro Harrell, startete im Alter von 10 Jahren zunächst als Schauspieler und wirkte in mehreren TV-Serien, darunter in “CSI: NY“ oder “Cold Case“ mit. 2011 begann er mit dem Produzieren und wurde 2014 von Kontor Records unter Vertrag genommen. 2015 gelang ihm mit dem Lied “For You“, das er gemeinsam mit Dzeko & Torres produzierte, sein Durchbruch. Es folgten eine Reihe an Big-Room-Singles, darunter “Olympus“ oder “Poseidon“ über W&Ws Plattenlabel Mainstage Music, bevor er im Januar 2017 seine vorerst letzte Publikation “Pandemik“ an den Start brachte. Daraufhin beendete er das Projekt ohne ein Statement.
Tatsächlich hat er sich nicht aus dem Musikgeschäft zurückgezogen. Er schlug im Februar 2017 mit dem Pseudonym M A E S T R O eine neue musikalische Richtung ein. Nachdem Harrell bereits im Kindesalter an zahlreichen Gesangswettbewerben teilnahm, steuerte er die Stimmen seiner Lieder von nun an selber bei und bewegte sich vermehrt in den Bereichen der Hip-Hop- und Popmusik. Seine Schauspielkarriere geriet während der gesamten Zeit nicht aus dem Fokus; so spielte er unter anderem in der TV-Serie “Fear the Walking Dead“ und dem Netflix-Film “Thriller“ mit. Mit einer Rückkehr in die EDM-Szene ist derweil wohl nicht zu rechnen.
Pitchback ist ebenfalls ein Projekt aus dem Bereich des Big-Room-EDMs. Dieses bestand aus den beiden niederländischen Produzenten Ralph Niemeyer und Jorrit Popkema. Letzterer war bereits seit 2012 unter dem Namen D-Sturb im Bereich des Hardstyles aktiv, bevor er 2015 gemeinsam mit dem Newcomer Raffa Simon das Big-Room-Projekt Pitchback gründete. Nachdem die Debüt-Single über Armin van Buurens Armada Music erschien, wurden sie von Hardwells Plattenlabel Revealed Recordings unter Vertrag genommen und veröffentlichten dort eine Reihe an Singles, die auf Spotify bis heute mehrere Millionen Hörer anlockten.
Anfang 2017 verließ Popkema das Projekt, um sich vermehrt seinem Hardstyle-Alias widmen zu können. Niemeyer führte das Projekt daraufhin allein fort und trat mitunter beim Tomorrowland Festival und dem 7th Sunday Festival auf. Im August 2017 erschien die letzte Single “Lethal“.
Offiziell aufgelöst wurde das Projekt nie, jedoch richtete sich Niemeyer im Herbst 2017 neu aus und begann sich zunächst als Grafikdesigner selbstständig zu machen. Später war er in der Marketingabteilung eines Modeunternehmens aktiv. Parallel entwickelte sich D-Sturb zu einer absoluten Größe im Bereich des Hardstyles mit Auftritten bei der Defqon, Qlimax und dem Tomorrowland.
Ein weiterer Produzent aus dem Hause Revealed Recordings ist der niederländische Musiker Joey Dale. Dieser stellte im Mai 2013 seine Debüt-Single “Cracked“ vor, die in Zusammenarbeit mit dem zu diesem Zeitpunkt noch recht unbekannten Martin Garrix entstand. Im Folgejahr erschienen die Singles “Arcadia“ mit Hardwell und “Deja Vu“ mit DVBBS. Beide schlugen ein wie eine Bombe und erreichten mehrere Millionen Aufrufe auf Spotify. Mit seinem unverkennbaren Stil prägte er die Big-Room-Schiene maßgebend, tourte mit Revealed durch die gesamte Welt und arbeitete mit unter anderem Quintino, Maddix und auch Pitchback zusammen. Im August 2018 veröffentlichte er seine bisher letzte Single und setzte zeitgleich seinen letzten Facebook-Post ab.
Vor knapp einem Jahr antwortete er auf einen Instagram-Kommentar, der nach neuer Musik fragte mit „let’s do this“. Auch wenn diese Ansage bisher noch keinen neuen Track zur Folge hatte, tritt er seit Dezember 2019 wieder regelmäßig als Resident-DJ im Huiskantine-Club in seiner Heimatstadt Rotterdam vor Live-Publikum auf.
Die kroatischen Musiker Marko Alebic und Deni Dugandzic sind seit 2014 unter dem Namen Twiig aktiv. Nachdem sie bereits in kleineren Clubs auftraten, erschien im Juli 2016 über W&Ws Mainstage Music ihre Debüt-Single. Bis Juli 2017 folgten insgesamt vier weitere Tracks, wovon der letzte “Tarantella“ sich zu einem Festival-Hit entwickelte. Ein Follow-Up blieb jedoch vorerst aus. 2018 und 2019 wirkten sie lediglich als Feature auf Bassjackers Album “The Biggest“ und Steve Aokis Album “Neon Future III“ mit. Letzterer Track “Hoovela“ entwickelte sich mit über 10 Millionen Spotify-Streams zu ihrem erfolgreichsten Song. Eine eigene Single steht somit seit mittlerweile 3 Jahren aus.
Auf Twitter teilt das Duo weiterhin fleißig jeden einzelnen Festival-Play ihrer Lieder und fordern ihre Fans auf, ihnen Demos zukommen zu lassen. Auf Anfrage eines Tweets, schrieben sie, dass sie derzeit keinen Track hätten, den sie veröffentlichen wollen würden. Vielleicht sorgen ihre kreative Pause und ein baldiges Comeback für neue Inspiration im Big-Room-Genre.
Jordan Atkins-Loria alias Lucky Date brachte im Jahr 2010 seine erste offizielle Single an den Start. Bereits hier steuerte der zu dem Zeitpunkt noch vor seinem Durchbruch stehende Zedd einen Remix bei. Im Folgejahr produzierten sie gemeinsam den Song “Fall Into the Sky“, dessen Gesang von Ellie Goulding beigesteuert wurde. Der Track entwickelte sich zu einem Erfolg und ermöglichte ihm Releases über zahlreiche große Label und Zusammenarbeiten mit unter anderem Moby, Hardwell und R3hab. Doch nach seiner bisher letzten Single “Don’t Need Love“, die im Januar 2016 auf den Markt kam, wurde es schlagartig still um ihn.
Im November 2016 wurde er Teil der Artist-Management- und Booking-Agentur Warpath Group. Seitdem ist er als Manager für den kanadischen Hip-Hop-Musiker Caleon Fox zuständig, der derzeit rund 60.000 monatliche Hörer auf Spotify vorweist. Im Januar 2019 schrieb er auf Twitter, dass er sich darauf freut, seinen Fans zu zeigen, woran er derzeit arbeiten würde. Die Ankündigung brachte jedoch keine neue Musik mit sich. Seine offizielle Webseite wird derweil vom Entertainment Magazin ABCMuzic genutzt, um dort Ratgeber- und Lifestyle-Artikel zu promoten.
Fazit: Auch wenn die hier genannten Musiker ihren Rückzug aus dem Business nicht offiziell verkündeten und sich erst Jahre nach ihrem letzten Release meldeten, lässt sich klar erkennen, dass sie dem Druck, der von bedurfter Kreativität, Inspiration und Durchhaltemögen ausgeht, nicht standhalten konnten. Wir können nur hoffen, dass diese Namen alsbald mit neuer Power und Begeisterung zurückkehren und die Big-Room-Schien mit neuer Innovation durchwirbeln.
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