Am 20. April 2018 erreichte uns die schockierende Nachricht über den Tod der schwedischen Produzenten-Ikone Avicii. Der Tod des 28-Jährigen im Oman ging innerhalb von weniger Stunden um die Welt und sorgte bei Millionen von Menschen für Trauer und Tränen. Die gesamte Musikszene ehrte den Schweden durch ergreifende Statements in den sozialen Netzwerken oder Tributen während ihrer Sets beziehungsweise Konzerten. Kaum ein Produzent in der aktuellen Musikszene hatte eine solch musikalische Genialität inne und war in ähnlicher Weise beliebt, wie der “Wake Me Up“-Produzent. Damit auch wir den Schweden auf eine besondere Art und Weise ehren können, haben wir entschieden, einen Rückblick auf die Karriere von Tim Bergling zu verfassen. Wir wollen an dieser Stelle auf das Leben und das musikalische Werk des 28-jährigen Ausnahme-Musikers zurückblicken.
Der schwedische Musiker wurde am 08. September 1989 in einem Vorort von Stockholm auf und wuchs nahe der schwedischen Hauptstadt mit seiner Mutter Anki Lidén, seinem Vater Klas Bergling und drei Geschwistern auf. Neben seinem Bruder David Bergling hatte Tim zwei Halbgeschwister namens Anton Korberg und Linda Sterner. Avicii wuchs in akzeptablen Verhältnissen auf, wobei er bis zu seinem 19. Lebensjahr nie das Stadtviertel verlassen konnte. Mit 11 Jahren entdeckte er seine Leidenschaft zur Musik und lernte das Spielen des Klaviers sowie später der Gitarre. In seiner Jugendzeit erzählte ihm ein Freund von einer Software, mit der er dann wochenlang herumgebastelte, und aus verschiedenen Noten einfache Melodien komponierte. Sein schwedischer DJ-Kollege Otto Knows, den Tim bereits aus der Kindergartenzeit kannte, unterstützte ihn in seinem kleinen „Studio“, das aus grundlegendem Equipment bestand und auf den wenigen Quadratmetern seines Kinderzimmers verteilt war.
Nach der Schule arbeitete Tim immer mit zwei Freunden in seinem „Studio“ bis spät in die Nacht hinein. In den ersten sechs Monaten analysierte der Schwede die Sounds von großen Namen wie Laidback Luke oder Eric Prdyz, um sich ein Bild von deren Ideen zu schaffen. Mit diesen Sounds experimentierte der damals 16-Jährige und schrieb seine eigenen Tracks. Daraus entstanden Demos, die Avicii an verschiedene Musikfirmen schickten (darunter auch ein Forum von Laidback Luke). Der Niederländer erkannte das Talent und kümmerte sich um den Jungen. Jeder Track von Tim ging zunächst einmal an Laidback Luke, der ihm darauf hilfreiche Ratschläge und Tipps erteilte. Über zwei Jahre arbeitete er an seinen Sounds und Melodie, bis die ersten Plattenfirmen Interesse zeigten.
Durch seinen ersten Track “Break Da Floor“ knüpfte der Schwede Kontakt zu Arash Pournouri (genannt Ash), der später sein Manager wurde und ihm bei seinen ersten Schritten half. Arash schrieb Tim via Facebook an und versicherte ihm musikalische Kontakte im Raum Stockholm. Mit 17 Jahren traf er sich erstmals mit Ash und dieser versprach ihm Ruhm als DJ und Künstler. Der Manager handelte einen ersten Remix-Auftrag für Roger Sanchez aus. Es folgten extrem viele Veröffentlichungen auf verschiedenen Labels. Darunter Remixe zu bekannten Artists wie EDX oder Bob Sinclair. Durch den Remix zu “New New New“ von Bob Sinclair wurde David Guetta auf den 18-Jährigen aufmerksam und bat ihm um Remixe für seine Tracks “One Love“ und “Gettin‘ Over“. Tiësto war ebenfalls Anhänger der ersten Stunde und spielte die Mashups des Schweden in zahlreichen Shows. Laidback Luke lud ihn 2010 zum ersten großen Gig in Miami ein, bei dem er auf einer Aftershow-Party von Laidback Lukes Label auflegen sollte.
Mit anfänglichen Schwierigkeiten entwickelte sich die Show zu einem ersten kleinen Erfolg. Ash arrangierte weitere Shows in kleineren Clubs in Europa. Tiësto nahm ihn im Sommer 2010 in seiner Sommer-Residenz auf und ließ ihn den Support-Act vor seinen Shows ausführen. Neben der DJ-Karriere setzte sich auch die Produzenten-Karriere fort. Der erste kleinere Erfolg war “Alcoholic“ im Dezember 2009 (noch unter dem Künstlernamen Tim Berg). Im September 2010 folgten die zwei ersten wirklich großen Songs. “My Feelings For You” mit Sebastian Drums ist heute noch ein bekannter House-Track, doch schlug erst mehrere Jahre nach Veröffentlichung ein. Deshalb kann man “Bromance“ beziehungsweise “Seek Bromance“ als den ersten „großen Hit“ von Avicii bezeichnen. Als Mashup aus den Songs “Bromance“ und “Love U Seek“ entstand ein kommerzieller Erfolg, der durch die Vocal-Version von Amanda Wilson und die Veröffentlichung auf Kontor Records entstand. Infolgedessen folgte ein Vertrag beim bekannten A&R-Team von EMI Music Publishing.
2011 erschien der Song "Collide" von Leona Lewis. Er enthielt ein Sample von Tims "Penguin". In den Rechts-Verhandlungen akzeptierte das Team von Leona Lewis den Song und die beiden entschiedenen eine gemeinsame Neuauflage von “Collide“ zu produzieren. Die Kollaboration wurde veröffentlicht und Leona-Lewis-Track “Collide“ erhielt eine frische Neuauflage, die den Song in so manche Charts brachte. Kurz zuvor brachte Avicii aber seine Version als "Fade Into Darkness" raus.
Im Anschluss stießen Avicii und Ash, der als Manager und immer mehr als Freund und Helfer fungierte, auf ein altes Gospel-Vocal-Sample aus “Something’s Got A Hold On Me“ von Etta James (1962). Den beiden gefiel das Sample, sodass sie verschiedene Sounds ausprobierten. Zunächst wurde kein passender Sound gefunden, bis er einen speziellen Loop fand, der perfekt auf das Vocal-Sample passte. Es war genau die Energie und die fröhliche Melodie, nach der man gesucht hatte. Anschließend ging es mit “Levels“ steil bergauf und der Song entwickelte sich zu einem viralen Hit. Auf einmal kannte jeder Raver die Melodie des Tracks und die Menge bei allen Shows sang seine Songs mit.
Ash handelte einen Deal mit Universal Music Sweden um die 500.000 Euro aus und so stieg der Song auch schnell in die internationalen Charts ein. Für einen so kleinen Künstler eine Summe im dreistelligen Tausenderbereich zu zahlen, war riskant, doch Universal war sich sicher, dass der Track einschlagen würde wie eine Bombe. Letztlich war der Deal für beide Seiten perfekt. Avicii und Ash sammelten massenhaft Geld ein und Universal erzielte den gewünschten Erfolg. Platz 6 in Deutschland, Platz 4 in Großbritannien und (für Avicii das Wichtigste) Platz 1 (!) in Schweden. Dazu kamen noch drei Gold-Auszeichnungen und sieben Platin-Schallplatten. “Levels“ leitete eine „Revolution“ im Raum der elektronischen Musik ein und brachte Dance-Music in den Mainstream-Bereich. Für Avicii war “Levels“ der Anfang einer unfassbaren Karriere.
Während des Erfolges um “Levels“ fragte David Guetta beim Team von Avicii wegen eines gemeinsamen Songs an. Im November 2011 setzte sich die Produzenten ins Studio und produzierten den Kollaborationstrack “Sunshine“, der nur als Album-Track auf “Nothing But The Beat“ von David Guetta vorhanden ist. Doch auch ohne eine Veröffentlichung war es für Avicii eine große Ehre mit einem der damals angesagtesten Produzenten zusammenarbeiten zu dürfen. Obendrein wurde die Zusammenarbeit auch noch für den Grammy in der Kategorie „Best Dance Record“ nominiert.
Im Anschluss wurde bekanntgegeben, dass Avicii als Headliner (im ersten Jahr!) beim legendären Ultra Music Festival in Miami auftreten würde. Dazu kam noch ein Special-Guest, der Tim Bergling auf der Bühne begleiten sollte. Niemand Geringeres als Pop-Star Madonna unterstützte den Schweden live auf der Bühne. Das Debüt von Avicii beim Ultra Music Festival sorgte für haufenweise Geld, das sein Team zum Teil in das Engagement eines Tour-Managers investierte. Avicii war für das ganze Jahr ausgebucht und spielte wöchentlich sechs Shows. Zu dem Zeitpunkt genoss der Schwede das DJ-Dasein noch und erlebt sein Leben als „eine einzige Party“. Von einem Land in das andere, von einem Gig zum anderen. Im Frühling 2012 knackte Avicii die zwei-Millionen-Marke auf Facebook und lud den Track “Two Million“ als Free Download hoch.
Nach seinem Auftritt beim Ultra Music Festival, folgte die Veröffentlichung des Progressive-House-Bangers “Silhouettes“ mit dem schwedischen Sänger Salem Al Fakir, der ihm Titel nicht genannt wird. Mit der Unterstützung von Universal Music im Rücken setzte sich der Song auch in den Single-Charts durch und kletterte in die Top 100 sämtlicher europäischer Länder. Im Spätsommer 2012 gab es dann zwei weitere Highlights, die an die Erfahrung vom Ultra anknüpften. Der Auftritt beim Lollapalooza in Chicago war (nach eigenen Angaben) sehr prägend und die Show in der Radio City Music Hall von New York City blieb dem Schweden im Kopf. Im Herbst nahm der 22-Jährige eine Single mit dem Sänger Mike Posner auf, dessen Produktion Grundlage für den Text des 2016er-Hit “I Took a Pill in Ibiza“ von Posner war, in dem es heißt „I took a pill in ibiza, to show Avicii I was cool.“.
Im Dezember 2012 kündigte Avicii, während eines Gigs in Dallas, das Debütalbum “True“ für das Jahr 2013 an und premierte gleich drei Songs. Darunter auch “Addicted To You“, der sich im späteren Verlaufe noch zum Mega-Hit entwickelte. Am 29. Dezember 2012 erschien auch noch die gemeinsame Single mit Star-DJ Nicky Romero namens “I Could Be The One“. Die Collab basiert auf einem Instrumental-Track von Avicii aus dem Jahr 2010. Mit einer immensen Überarbeitung und dem Hinzufügen von Vocals wurde der Song zu einem EDM-Hit. Bis heute zählt “I Could Be The One“ zu den besten Progressive-House-Tracks in der Geschichte des EDM.
Das Jahr 2013 begann für Avicii mit der Nominierung bei den Grammys für den Mega-Hit “Levels“ in der Kategorie „Best Dance Record“. Im März folgte der zweite Auftritt beim Ultra Music Festival Miami. Sein Set bestand aus einigen IDs des anstehenden Albums “True“, das im September 2013 erschien. Unter anderem wurde das Instrumental vom späteren Riesenhit “Wake Me Up“ gespielt. Das Besondere an dem Set waren die musikalischen Einflüsse der Country-Musik. Viele IDs beinhalteten die Mischung aus Dance und Country, was in der EDM-Szene bis dahin extrem untypisch war. Im späteren Verlauf der Karriere von Avicii wurde dieser ungewöhnliche Sound zu seinem Signatur-Sound.
Einen Monat später wurde bekanntgegeben, dass Avicii den schwedischen Song zum Eurovision Song Contest produzieren würde, der damals vom ehemaligen ABBA-Mitglied Björn Ulvaeus performt wurde. Im Juni feierte “Wake Me Up“ in der Radio-Show BBC Radio 1 von DJ-Legende Pete Tong Premiere. Am 25. Juni 2013 wurde die Country-EDM-Nummer in Kooperation mit dem Soul-Sänger Aloe Blacc offiziell veröffentlicht. Der Sommer-Hit war die erste Single-Auskopplung vom Debütalbum “True“ und sprengte alle Rahmen an möglichen Erfolgsstrukturen. In ganz Europa stand der Song über die Sommermonate an der Spitze. Selbst in den Vereinigten Staaten kletterte Avicii mit der Nummer auf Platz 4. In Deutschland bekam “Wake Me Up“ als erster Song eine Diamant-Auszeichnung für über eine Million Verkäufe sowie den Titel des „offiziellen Sommerhits 2013“. Die EDM-Hymne gilt bis heute als eine der erfolgreichsten Produktionen der 2010er.
Die zweite und letzte Single-Auskopplung des Debütalbums erschien im August 2013 unter dem Namen “You Make Me“. Mit einem tanzbaren Elektro-Instrumental und netten Vocals von Sänger Salem Al Fakir ging es auf internationaler Ebene in beachtliche Chartpositionshöhen. In Deutschland saß zwar nur Platz 34 drin, doch in Großbritannien (#5) und in Schweden (#1) war der Song ein Riesenerfolg. Ein paar Wochen später ereignete sich schließlich die langersehnte Veröffentlichung des Debütalbums “True“. Das Debütalbum hielt den Erwartungen stand und zählt zu den erfolgreichsten Dance-Alben aller Zeiten (DE: 5; UK: 2; US: 5). Im darauffolgenden Monat wurde das berühmt berüchtigte DJ-Mag-Voting bekanntgegeben, in dem Avicii auf dem dritten Rang landete. Eine weitere Bestätigung für den enormen Erfolg des Schweden.
Im gleichen Monat erfolgte eine Single-Auskopplung des Albums “True“, die im Gesamten zu den erfolgreichsten Singles von Avicii gehört. Mit der Nummer “Hey Brother“ behauptete der Schweden seinen innovativen Country-EDM-Style und brachte jenen erneut in den Mainstream-Bereich. Der Song mit den Vocals von Dan Tyminski wurde zu einem weltweiten Erfolg und setzte sich in Deutschland sogar an die Spitze des Mainstreams. Im November 2013 sahnte Avicii bei den MTV EMA’s sowie den American Music Awards ab, bei denen er die Kategorie „Best Electronic Act“ gewann. Eine Woche nach der Preisverleihung stand die Veröffentlichung des Songs “Addicted To You“ an, dessen Instrumental bis ins Jahr 2011 zurück geht. Dieses Mal mit weiblichen Vocals am Start, setzte sich Avicii in den internationalen Single-Charts größtenteils durch. Platz 6 in Deutschland, Platz 14 in England und Platz 1 in den Dance-Charts der USA sprechen Bände.
In das Jahr 2014 stieg der Schwede mit einem neuen Mini-Album ein. In Form eines Remix-Albums von “True“ veröffentlichte Avicii etliche Songs neu, die als „Avicii by Avicii Mix“ gekennzeichnet wurden. Viele Songs schafften einen Re-Entry in die Charts und überzeugten in neuem Gewand. Ursprünglich sollten all diese Songs beim Ultra Music Festival erstmals präsentiert werden, doch Avicii wurde kurzfristig ins Krankenhaus eingeliefert und musste die Show, wegen Problemen mit der Bauchspeicheldrüse, absagen. Der erste große gesundheitliche Rückschlag für die schwedische Musiker-Ikone.
Nach einer kurzen Pause, meldete sich Avicii aus dem Studio zurück und gab die Produktion des offiziellen schwedischen WM-Songs 2014 bekannt. Die Avicii-Produktion “Dar Um Jeito“ wurde von Carlos Santana, Wyclef Jean und Alexandre Pires gesungen und im Juli 2014 veröffentlicht. Des Weiteren fand im April 2014 die Erscheinung des Album-Tracks “Lay Me Down“ statt. Zusammen mit dem extravaganten Sänger Adam Lambert und der Musiker-Legende Nile Rodgers entstand eine solide Dance-Pop-Nummer, die in den Radios gespielt wurde und durchschnittliche Chart-Platzierungen einfuhr. Nebenbei wurde “Lay Me Down“ als offizieller Werbesong von Lipton Ice Tea präsentiert.
Im Frühsommer 2014 machte Avicii weniger mit eigenen Songs, mehr mit Gastproduktionen auf sich aufmerksam. Weder bei seiner Produktion “A Sky Full Of Stars“ für Coldplay noch bei “Lovers On The Sun” für David Guetta wurde Avicii im Titel verewigt. Erst im September konnte man den Namen Avicii wieder in dem Titel eines Songs lesen. Zu der Zeit erfolgte die Veröffentlichung der Single “Lose Myself“, die in Europa aber nicht zündete, da sie für den asiatischen Markt produziert worden war. Außerdem sagte Avicii im September erneut einige Konzerte ab, weil seine Gesundheit ihm einen Strich durch die Rechnung machte.
Mit Produktionen ging es allerdings bereits im Oktober weiter. Am 03. Oktober erschien die langersehnte Zusammenarbeit von Avicii und Robbie Williams namens “The Days“. Die Enttäuschung fiel dann jedoch relativ hoch aus, als der Take-That-Sänger nicht einmal im Titel auftauchte. Der Song war eine gelungene Gute-Laune-Nummer für die Single-Charts und konnte auch beachtliche Erfolge verzeichnen, doch die Tatsache das man auf eine Feature-Nennung von Robbie Williams verzichtete, war extrem ungewöhnlich. Einen Monat später erschien der „Gegentrack“ innerhalb einer EP. Der Song “The Nights“ von Avicii war bereits seit September 2014 als Teil des FIFA-15-Soundtracks bekannt, aber wurde dann noch einmal extra veröffentlicht. Aus den einzelnen Songs “The Days“ und “The Nights“ wurde eine EP geschaffen, die durch die Gegensätze von Tag und Nacht charakterisiert wurde. “The Nights“ verzeichnete ebenfalls solide Chart-Platzierungen. Der Schwede beendete das Jahr 2014 mit einer Produktion für seinen Kollegen Wyclef Jean, die den Namen “Divine Sorrow“ trug und in Schweden zum Chart-Hit wurde.
Das erste nennenswerte Highlight von Avicii im Jahr 2015 war der Auftritt beim Ultra Music Festival, denn in den ersten zwei Monate des Jahres war es noch relativ still um den jungen Schweden. Möglicherweise arbeitete er in der Zeit an den Songs für das angekündigte Studio-Album “Stories“, von dem einige IDs beim UMF 2015 Premiere feierten. “Waiting For Love“, “For A Better Day“ und ”City Lights” sind nur drei von etlichen Titeln, die einen Teil des DJ-Sets darstellten. Das Highlight war für viele der gemeinsame Song mit Coldplay “Heaven“, den viele als offizielle Kollaboration zwischen den Musikern verstanden, doch auch diese Hypothese rückte in den Hintergrund. Im Mai 2015 folgte die erste Single des Jahres. Das Rework zur Single “Feeling Good“ von Nina Simone setzte sich in den Single-Charts dennoch nicht durch. Eine Woche später erschien die erste Solo-Single von Avicii in 2015, wobei man eigentlich nicht von solo sprechen kann, da mit Martin Garrix als Co-Produzent und Simon Aldred als Sänger zwei weitere Musiker am Werke waren. Die Garrix-Kollaboration wurde lange erwartet, doch am Ende waren die Fans wieder enttäuscht, da der Niederländer nicht im Titel stand. Aber auch als Solo-Track startete “Waiting For Love“ in den Single-Charts durch. In Deutschland Platz 8, in Großbritannien Platz 6 und in Schweden sogar Platz 1 spiegeln den Erfolg wider.
Inmitten des Hochsommers veröffentlichte Avicii dann noch einen interessanten Remix zum Dance-Klassiker “Insomnia“, der als Remix-Package von einigen namhaften Produzenten als “Insomnia 2.0“ überarbeitet wurde. Mit der Avicii-Neuauflage schafften es Faithless sogar erneut in die Single-Charts. In der Woche der Veröffentlichung spielte Avicii außerdem die finalen Versionen der IDs “Can’t Catch Me“ und “Broken Arrows“ in seinem Podcast „LE7ELS“. Kurz vor dem Release-Date des zweiten Studio-Albums wurden nochmal zwei Single-Auskopplungen des Albums veröffentlicht. “For A Better Day“ mit Alex Ebert erzielte so kurz vor dem Album-Release beachtliche Erfolge (#18 in Deutschland), aber die andere Nummer “Pure Grinding“ mit Kristoffer Fogelmark, bei der Avicii auf einen neuen Trap-Style setzte, kam nicht besonders gut an.
Der Promo-Track “Broken Arrows” schaffte eine Woche vor der Veröffentlichung des Albums mit geringem Anlauf den Sprung in den deutschen Single-Charts. Am 03. September 2015 war es dann endlich soweit. Das zweite Studio-Album “Stories“ vom schwedischen Ausnahme-Musiker war auf dem Markt erschienen. Das Album konnte zwar nicht vollständig an den Erfolg von “True“ anknüpfen, blieb aber auch nicht vollkommen hinter den Erwartungen zurück. Interessant war der Anblick der Entwicklung vom ersten zum zweiten Album. Bei “Stories“ versuchte sich der Schwede in verschiedenen Bereichen und trennte sich in weiten Teilen von seinem ursprünglichen Country-EDM-Style.
Im Januar 2016 folgte die nächste große Ankündigung. Avicii und Coca-Cola haben sich auf eine Kooperation geeinigt, die beinhaltet, dass der Schwede den neuen Werbesong für Coca-Cola produzieren wird. Der Schwede holte sich den “Firestone“-Sänger Conrad Sewell ins Boot und produzierte den Titelsong “Taste The Feeling“, der sich zwar nie so wirklich in den Charts durchsetzte, aber den die meisten aus der Werbung kennen. Des Weiteren wurde im Januar bekanntgemacht, dass Avicii noch einmal als Produzent für Coldplay am Werk war. Nach “A Sky Full Of Stars“ produzierte Avicii der Band den nächsten Chart-Hit namens “Hymn For The Weekend“ mit Beyoncé.
Im März schien es zunächst als würde es mit der DJ-Karriere wieder deutlich vorangehen. Der Auftritt beim Ultra Music Festival 2016 war ein voller Erfolg und die DJ-Sets von Avicii waren wieder gefüllt mit brandneuen IDs. Darunter bekanntere IDs wie “Without You“, “Faster Than Light“ oder “ID“ mit der Pop-Ikone Sia. Doch dann enthüllte Avicii eine Tatsache, die die Fans komplett überraschte. Im März 2016 verkündete der Schwede seinen Rückzug als DJ, da er es mental nicht mehr schaffe und sich auf unbestimmte Zeit eine Auszeit gönnen wolle. Zur Freude der Fans wollte er die geplante Tour, trotz seiner Enthüllung, noch vollenden und hängte seine DJ-Karriere erst im August an den Nagel.
Auf die Ernüchterung der Fans über den Rückzug als DJ folgte Entzücken über die nächste Enthüllung von Avicii, die der Schwede im April 2016 bekanntgab. Der 27-Jährige kündigte die Veröffentlichung eines dritten Studio-Albums für 2017 an. Dazu kam es bedauerlicherweise nie, doch laut Medienberichten soll Avicii das Albums kurz vor seinem Ableben vollendet haben und könnte möglicherweise auch nach seinem Tode veröffentlicht werden. Im Juni folgte eine weitere Single, bei der Avicii als Co-Produzent agierte. Zusammen mit seinem Kindheitsfreund Otto Knows nahm Avicii den lyrisch erfreulichen Song “Back Where I Belong“ auf, der die Karriere und Beziehung der beiden Produzenten widerspiegelt. Zu einem Chart-Hit wurde die Nummer bei uns zwar nicht, doch es ist trotzdem eine nette Geschichte.
Nachdem Avicii für die Sommermonate noch einmal extremen Tour-Stress durchleben musste, ging seine Karriere im August 2016 zu Ende. Mit tausenden von EDM-Fans im Ushuaia in Ibiza versammelt, wurde das DJ-Set des Schweden zelebriert und gebührenvoll verabschiedet. Nach drei monatiger Funkstille zwischen Medien und ihm gab es im Dezember 2016 Neuigkeiten aus dem Hause Avicii. Der Produzent hatte sich von seinem langjährigen Freund und Manager Arash „Ash“ Pournouri getrennt, der ihn laut Medienberichten während der Tour zu sehr unter Druck gesetzt haben soll. Des Weiteren wurde noch einmal betont, dass Avicii intensiv am dritten Studio-Album arbeite und eine Veröffentlichung in 2017 durchaus realistisch sei.
2017: Musikalische Rückkehr + Ankündigung weiterer EPs
Das erste halbe Jahr von 2017 hörte man tatsächlich wenig vom Schweden. Der 28-Jährige zog sich auf ein Anwesen auf Madagaskar zurück und fokussierte sich auf die musikalische Rückkehr und die Arbeit an seinem Album. Im Juni 2017 gab es erste Neuigkeiten. Rita Ora stellte in London nämlich eine Acapella-Version ihres zukünftigen Songs mit Avicii vor. Einen Monat später meldete sich Tim persönlich auf Instagram zurück und startete eine Ankündigungs-Kampagne für seine anstehende Rückkehr in Form einer EP. Durch Snippets auf Instagram wurden die Songs von der EP angeteasert, die teilweise noch aus seinen früheren Sets bekannt waren.
Im August 2017 war es dann soweit und die Veröffentlichung der EP “Avīci“ wurde durchgeführt. Der Extended Player beinhaltete sechs Songs. Darunter verschiedene Kollaboration mit Rita Ora, AlunaGeorge, Vargas & Lagola oder Sandro Cavazza. Die EP wurde mit gemischte Kritiken aufgenommen. Einige feierten mit der Veröffentlichung die Rückkehr eines musikalischen Genies, für andere waren die Songs zu sehr im Pop-Bereich einzuordnen und deshalb wenig überzeugend. Um es am kommerziellen Erfolg festzumachen, war das Mini-Album definitiv ein Erfolg. Zunächst entwickelte sich “Without You“ zu einem Radio-Dauerbrenner und schaffte es in die Single-Charts. Später konnte auch “Lonely Together“ mit Rita Ora zünden. Die weiteren vier Songs erhielten keinen nennenswerten Eintritt in die Charts.
Parallel zur Veröffentlichung von “Avīci“ standen natürlich zahlreiche Presse-Termine und Live-Auftritte im Fernsehen statt. Der Schwede war zum Beispiel bei BBC Radio 1 zu Gast und ließ sich von seinem guten Freund Pete Tong befragen. Dort erklärte der 28-Jährige das Veröffentlichungs-Prinzip der neusten EP. “Avīci“ sei die erste von insgesamt drei EPs, die in den Jahren 2017 und 2018 veröffentlicht werden sollten. Aus den drei Mini-Alben entstehe schließlich ein drittes Studio-Album, welches für die Veröffentlichung im Frühjahr 2019 datiert wurde. Im September 2017 erfolgte dann auch noch die Premiere der Dokumentation “Avicii: True Stories“, die in ausgewählten Kinos auf der Welt ausgestrahlt wurde und seit März 2018 auch bei Netflix verfügbar ist. Die Doku bietet interessante Einblicke in das anstrengende Leben eines DJ-Superstars und befasst sich unter anderem mit der schwerwiegenden Krankheit von Avicii.
Zum Anfang des Jahres 2018 kamen wieder Gerüchte über das Veröffentlichungsdatum der zweiten EP auf. In den sozialen Netzwerken sah man den Schweden oft bei der Arbeit im Studio (u.a. mit Nicky Romero). In regelmäßigen Takten erschienen Bilder von Tim Bergling, auf denen er sichtlich erholt und fröhlich wirkte. Ob das alles nur eine Täuschung war, oder ob es ihm tatsächlich wieder gut ging, kann man nicht zu 100 Prozent sagen, doch laut dem engeren Umfeld habe er sich in den letzten Monaten extrem erholt und sei wieder völlig motiviert bei der Arbeit gewesen.
Besonders wegen solcher Aussagen kam die Neuigkeit vom Tode Aviciis am 20. April 2018 im Oman total überraschend. Das Ableben des Musikers schockte die ganze Welt und war tagelang Nummer-1-Thema der Medien. Musiker zollten dem DJ während ihren Live-Shows Respekt, nahezu jeder Produzent und Musiker meldete sich in den sozialen Netzwerken mit einem ergreifenden Statement und teilweise gab es sogar Radio-Marathons oder Straßenparaden zu Ehren des Produzenten. Zum Tode gelangten nur wenige Informationen an die Öffentlichkeit. Die Polizei bestätigte nur, dass Avicii nicht Opfer eines Gewaltverbrechens geworden war. Die Todesursache ist der Familie und der Polizei bekannt, wird aber nicht veröffentlicht werden.
Fazit: Mit dem Tode von Avicii am 20. April 2018 starb einer der bedeutendsten, einflussreichsten und genialsten Musiker des 21. Jahrhunderts. Der gesamten Welt ging die tragische Geschichte eines 28-jährigen Produzenten, der letztlich möglicherweise an dem enormen Druck der Medien und Fans zerbrochen ist, nahe. Tim Bergling war ein musikalisches Genie und zog nicht nur in seinem Genre, sondern im gesamten Musik-Business seine Fäden. Die Welt verlor nicht nur einen begnadeten Musiker. Avicii war ein sympathischer und liebenswerter Mensch, der mit unzählbaren Musiker auf dieser Welt eine tolle Beziehung pflegte. Seine Melodien und Sounds haben die Musik-Entwicklung der vergangenen Jahre geprägt und werden für immer ein Teil der Geschichte sein.
Zum Abschluss haben wir einen Tribut für Avicii angefertigt und wollen ihn mit seinen prägendsten und schönsten Zitaten aus seinen eigenen Songs, einer Auflistung der beeindruckendsten Statistiken um den Erfolg des Produzenten und einem Mega-Mix ehren.
- Avicii’s Songs hielten sich insgesamt 442 Wochen in den deutschen Single-Charts
- Avicii erzielte 282 Platin- sowie 67 Gold-Auszeichnungen für seine Musik
- Avicii veröffentlichte in seiner Karriere 128 Produktionen
- Avicii spielte 813 Shows in über 120 verschiedenen Ländern
- Avicii‘s Songs sammelten über 3,5 Milliarden Streams auf Spotify
R.I.P. Tim Bergling! Wir werden dich vermissen!