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Vom 13. bis 16. Juli 2017 fand zum mittlerweile bereits 16. Mal das Airbeat One Festival auf dem Flugplatz in Neustadt-Glewe statt. Das Airbeat One ist nicht nur irgendein Festival - nein, es ist das größte EDM-Festival im ganzen Norden. Bereits im vergangenen Jahr konnten die Veranstalter mit einem grandiosen Line-Up überzeugen. Einige Namen, die jedoch vermisst wurden, waren Hardwell, Felix Jaehn oder Oliver Heldens. Da dieses Jahr noch einer draufgesetzt werden sollte, waren alle drei nun natürlich auch am Start. Zudem wurde mit unter anderem Yellow Claw und Carnage die Genre-Vielfalt auf der Mainstage ausgebaut. Doch Festival heißt nicht nur sich mit Namen brüsten, sondern auch ein großes „Drumherumprogramm“. Auf Basis des Mottos „Destination USA“ wurden die 45 000 Besucher aus über 45 Nationen quer vorbei am Kapitol und den Niagarafällen, was sich zur Mainstage formte, bis hin nach Las Vegas, der mit Pokerchips geschmückten Deep-House-Stage, geführt. Um das USA-Feeling selber zu spüren, waren wir vor Ort und haben die drei Tage in vollen Zügen auf uns wirken lassen.
Bei der Veröffentlichung des diesjährigen Line-Ups für das Airbeat One konnte sich wahrscheinlich kein EDM-Fan mehr einkriegen. Ein Top-DJ nach dem anderen folgte auf der Liste und man wusste schon gar nicht mehr, wie das noch zu steigern sein sollte. Dementsprechend fiel es uns auch nach dem Festival sehr schwer, nur einige der vielen Highlights hier zu benennen. Zusätzlich stellte sich noch das Problem, dass einige Top-Acts parallel auf unterschiedlichen Stages performten. Um ein Beispiel zu nennen: Alan Walker legte auf der Terminal-Stage auf, während Hardwell auf der Mainstage zu sehen war. Schlussendlich haben wir uns nun aber auf einige der großen Namen der Mainstage-Acts konzentriert, welche wir vor allem hervorheben möchten. Wer sich trotzdem das komplette Line-Up noch mal anschauen möchte, kann dies hier tun.
Das schwedische DJ-Duo Axwell Λ Ingrosso bildete einen der ersten großen Acts des Festivals. Sie übernahmen die Mainstage am Donnerstag um 23:00 Uhr. Bereits hier wurde nicht an Pyrotechnik gespart, was die Stimmung anständig anheizte und das, obwohl man vor der Stage knöcheltief im Matsch stand. Dieser war gespickt mit unzähligen herrenlosen Schuhen, doch das war nebensächlich. Im Vordergrund standen die Gänsehaut und Tränen, die das Publikum in den Augen hatte, als die klassischen Swedish-House-Mafia-Lieder gespielt wurden und so gut wie jeder den Text von „Don’t You Worry Child“ oder „Save the World“ mit aller Energie mitsang. Doch nicht nur die Swedish-House-Mafia-Tracks schmückten das Set, sondern auch neue Produktionen, die vom seichten Progressive-House bis zum aggressiven Electro-House reichten. Einer der Höhepunkte war die jüngste Single von Axwell Λ Ingrosso und gleichzeitig einer der aktuellen Sommerhits „More Than You Know“. Zum Ende des Sets ließen sie „die Sonne aufgehen“ und parallel dazu „Sun Is Shining“ spielen. Dies sorgte für einen letzten Gänsehautmoment.
Bei einem derartigen Auflauf der DJs durfte natürlich einer nicht fehlen: Das „Urgestein“ der EDM-Szene und Vorbild vieler DJs - Tiësto. So viel vorweg: Der 48-Jährige genoss von der Zeit her definitiv das „schönste“ Set am Freitag, denn er erwischte genau den atemberaubenden Sonnenuntergang am Himmel von Neustadt-Glewe. Somit war ein einzigartiges Feeling schon vorprogrammiert, welches Tiësto dann mit seiner Musik untermauerte. Egal, ob für ältere oder jüngere Fans des holländischen Superstars - Tiësto hatte für jeden was dabei in seinem Programm. Unter anderem gab er Klassiker, wie den „Silence“-Remix von Delerium aus dem Jahr 2000 sowie „Lethal Industry“ (2001) zum Besten, aber auch seine neueren Ohrwürmer „Secrets“ (mit KSHMR feat. Vassy / 2015) und „Boom“ (2016). Hier konnte niemand mehr sein Tanzbein stillhalten. Tijs Michiel Verwest, so sein gebürtiger Name, feierte somit nach Paul Kalkbrenner einen sehr gelungenen Auftakt in die nächste Festivalnacht des Airbeat Ones.
Einer konnte am zweiten Festivaltag jedoch nicht getoppt werden: Hardwell. Der aktuell Dritte im „DJ Mag Top 100“-Voting stellte dieses Jahr das erste Mal beim Airbeat One sein Talent unter Beweis - und das mit einer Show, die es absolut in sich hatte! Im Vergleich zu anderen Festivalsets, lieferte Hardwell hier eine wirklich tolle Abwechslung seiner Hits und weiteren Remixe. Beispielsweise spielte er seine Dauerbrenner „Apollo“ (feat. Amba Shepherd) oder „Don’t Stop The Madness“ (mit W&W feat. Fatman Scoop), wo das Ausrasten des Publikums im wahrsten Sinne des Wortes nicht gestoppt werden konnte. Vor allem aber blieb uns auch Hardwells Mash-Up von NWYRs „Voltage“ mit seinem Song „Never Say Goodbye“ (mit Dryo feat. Bright Lights) in Erinnerung. Die Variation von der Gänsehaut-Stimme mit dazu passenden Lyrics des Hardwell-Meisterwerks und den NWYR-Trance-Beats sorgten für absolute Begeisterung und magische Stimmung. Den krönenden Abschluss machte der 29-Jährige mit seinem neuen Hardstyle-Track „Make The World Ours“, wo, wie zu erwarten, eine totale Eskalation herrschte. Unterstützt wurde die Musik zudem von einer grandiosen Lichtshow, die das unvergessliche Feeling unterstrich. Und auch für die Fans gab es noch ein Extra-Schmankerl, denn Hardwell ließ sich von zweien ihre „Go Hardwell or go home“-Fahne auf die Bühne reichen und unterschrieb diese. Außerdem gab es die Möglichkeit, sich bei seinem offiziellen Merchandise-Stand mit Fanartikeln einzudecken (man beachte, er war der einzige DJ, der dies anbot). Man konnte und kann also definitiv nicht genug von ihm kriegen! Mit Sicherheit würden sich auch im nächsten Jahr viele über den holländischen DJ im Line-Up freuen.
Eine weitere Premiere beim Airbeat One durften auch die Jungs von Galantis feiern. Nach ihrem riesigen Erfolg im letzten Jahr, hatten sich die beiden nicht umsonst einen Platz auf der Festivalbühne bekommen. Und das auch noch zur besten Zeit! Kurz nach dem einzigartigen Feuerwerk, Sonntagnacht um 00:15 Uhr, war ihr Set angesetzt. Doch bevor die Musik einsetzte, gab es erstmal eine kleine Aufgabe für das Publikum: Das Duo-Mitglied Christian Karlsson hatte nämlich an dem Tag Geburtstag und da durfte ein kleines Ständchen selbstverständlich nicht fehlen. Anders als erwartet wurde ihre Show nicht zu einem Dance-Pop-Gig im Radiomodus, sondern mit vielen Electro-House-Beats eindeutig aggressiver und sehr abwechslungsreich. Trotzdem integrierten die beiden Schweden natürlich auch ihre Chartstürmer. Bei „No Money“ war das Partyvolk, ohne Frage, völlig textsicher und sang den kompletten Song lautstark mit. Dazu gab es, passend zur Katze auf dem Cover der Single, ein buntes Lichtspektakel. Für absolute Gänsehaut und die eine oder andere Träne bei den Fans sorgten dann die Galantis-Ohrwürmer „Gold Dust“ und „Runaway (U&I)“. Auch hier wurden die Stimmbänder der Zuschauer noch mal ordentlich gereizt, aber das hatte sich auch wirklich gelohnt! Da dürfen wir definitiv auf Galantis’ kommendes Album „The Aviary“, das am 15. September dieses Jahres erscheint, gespannt sein.
Timmy Trumpet war ein, nennen wir es „Überraschungs-Act“. Nahezu jeder kennt ihn von seinem Megahit „Freaks“, doch sein Set bestand nicht nur aus Big-Room und Bounce, sondern ließ sich tatsächlich überwiegend in Hardstyle und Psytrance einordnen. Mitunter waren auch seine Psy-Produktionen „Oracle“ und „Psy Or Die“. Getarnt waren diese als Mash-Ups mit bekannten, aktuellen Chartstürmern. Doch das war nicht das eigentliche Highlight, denn sein Pseudonym „Timmy Trumpet“ kommt nicht von ungefähr - er trat tatsächlich mit Trompete auf. Neben dafür perfekt geeigneten Liedern wie „Infinity“ oder „Children“ (R.I.P. Robert Miles) kam er zwischenzeitlich stumpf und trocken mit Themes wie dem von „20th Century Fox“ um die Ecke, was das Ganze auflockerte und dem Set noch eine lustige Note verlieh. Trumpet selber wirkte gleichzeitig alles andere als clean. Seine verkrampften Gesichtsausdrücke und das während des Auftritts gekillte Fläschchen Wodka zeigten mehr als deutlich, dass der DJ während der Performance einige „Hilfsmittel“ benötigte. Trotzdem zählte er musikalisch aber für uns deutlich zu den Höhepunkten, da er sich mit seinem abwechslungsreichen Programm erstaunlich abhob.
Wie wir es auch von den meisten DJs in ihren einzelnen Sets kennen, wird in der Regel zum Closing die BPM auf 150 angesetzt. Wer eignet sich dazu auf der Mainstage besser als Headhunterz? Genau - niemand! Der gerade zum Hardstyle zurückgekehrte Niederländer schaffte es, die Stimmung zum Schluss noch einmal auf Hochtouren zu bringen und die Zuschauer zu animieren, trotz Müdigkeit und Erschöpfung, noch einmal alles zu geben. Die Euphorie und Emotionalität, mit der die Atmosphäre geprägt war, war nahezu greifbar. Dazu trug nicht nur die Leidenschaft für die Musik bei, die Heady vermittelte, sondern auch die aufgehende Sonne sowie der von der Q-Dance-Stage herübergekommene MC Villain und natürlich das Publikum. Doch auch dieses letzte Set hatte irgendwann ein Ende. Gezeichnet wurde dies von der ersten Hardstyle-Single von Headhunterz seit etwa drei Jahren, „Destiny“. Nachdem der letzte Drop ausgespielt war und Villain sagte: „See you next year“, hat man in den tausenden Gesichtern, die wohl deutlichsten Fragezeichen überhaupt gesehen. Um zu zitieren: „Ist es jetzt vorbei oder wie?“, „War es das jetzt?“, „Sollen wir jetzt nach Hause?“
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