Bald ist es wieder soweit - Das DJ Magazine kürt inoffiziell den besten DJ der Welt. Dass dabei nicht immer alles mit rechten Dingen zugeht, ist spätestens nach dem Skandal des belgischen Duos Dimitri Vegas & Like Mike im vorletzten Jahr kein Geheimnis mehr. Nun meldete sich ein Urgestein der Szene zu Wort - Laidback Luke.
Die Liste der „besten“ DJs der Welt existiert bereits seit 1997. Damals noch mit einer Jury, heute jedoch komplett von den Wählern entschieden, wird der Gewinner zum „Best DJ in the World“ durch das DJ Magazine bis zu den nächsten Wahlen im Folgejahr erklärt. Circa 1 000 000 Menschen nehmen jährlich Teil. Neben der Auszeichnung an sich stehen insbesondere wirtschaftliche Interessen bei den DJs im Vordergrund. Nicht zuletzt wegen Manipulationsvorwürfen steht der Contest heftig in der Kritik, doch auch die Indikatoren, wer denn jetzt schließlich der beste DJ der Welt sei, scheinen immer unklarer zu werden.
In seiner VLOG-Reihe „The True Story And The Real Life Of A DJ” fasste der Niederländer die Entwicklung des Wettbewerbs sehr gut zusammen:
„Damals repräsentierte die Platzierung in der Rangliste die tatsächlichen Fähigkeiten einer Person am Pult. Leute verdienten sich ihren Platz durch ihre DJ-Skills und nicht aufgrund der Popularität der Tracks, die sie produzierten. Heutzutage ist das komplett anders.“
Damit spricht „Mr. Double L“ schon ein Hauptproblem des Contests an - wofür wird eigentlich abgestimmt? Bei den Ergebnissen zweifelt man objektiv an dem Verständnis der Wähler. Nicht etwa begnadete Scratcher wie A-Trak sind hoch angesiedelt, sondern der Mainstream der EDM-Szene. Ein Beispiel dafür ist Martin Garrix' Sieg 2016. Ob er letztendlich ein guter oder schlechter DJ ist, bleibt Geschmackssache. Doch hat der immense Erfolg des Tracks „In The Name Of Love“, welchen der 21-Jährige drei Monate zuvor veröffentlicht hatte, dort bestimmt eine nicht unwichtige Rolle gespielt. Man könnte also sagen, Garrix hätte eher als Produzent gewonnen.
Ein weiteres Beispiel wird vom gebürtigen Filipino persönlich angeführt. Er geht auf seine persönlichen Platzierungen ein. Von Spot 46 im Jahre 2008 bis hin zum 17. in 2010, als er sein Idol Carl Cox, der mittlerweile auf Platz 22 abgerutscht war, zum ersten Mal überholte. Ironisch stellt der darauf die Frage: „Glaubt ihr, ich dachte auf einmal, ich sei besser als Carl Cox? Ich glaube es nicht. […] Ich würde mich niemals besser als ihn einschätzen.“
Warum also sind DJs so interessiert daran, ein hohes Ranking zu erzielen, so dass sie sogar teils hunderttausende Euros in eine Kampagne investieren? Die Antwort ist gleichzeitig der Beweis für den tatsächlichen Grund einer hohen Platzierung. „Wenn du beweisen kannst, dass du ein besserer oder eher ein beliebterer DJ bist, kannst du auch mehr Geld bei deinen Auftritten verlangen“, so Laidback Luke. Das ganze Geld landet letztendlich natürlich beim Veranstalter selbst, DJ Mag. Also lohnt es sich für das Magazin doppelt und dreifach, die Teilnehmer zum Investieren zu bewegen. Diese Scheine finden sich in Anzeigen auf bekannten Websites wie 1001Tracklists oder den Ausgaben des DJ Mags selbst wieder.
Zum Abschluss gibt das etablierte Urgestein seinen treuen Fans etwas sehr Wichtiges und dennoch häufig Vergessenes mit auf den Weg: „Je höher die Platzierung, desto höher die Ticket-Preise“. Wer auf diesen Kosten letztendlich sitzen bleibt, sollte klar sein.
DJs
11. Sunnery James & Ryan Marciano
10. Afrojack
09. Tiёsto
08. TJR
07. Derrick Carter
06. DJ Jessie Jeff
05. DJ Craze
04. A-Trak
03. DJ Qbert
02. Gaslamp Killer
01. DJ AM
Producer
10. Steve Angello
09. Chocolate Puma
08. Deorro
07. Dillon Francis
06. Deadmau5
05. Hardwell
04. Martin Vorwerk (Ghostproducer für u. a. Quintino, Dimitri Vegas & Like Mike uvm.)
03. Dyro
02. KSHMR
01. Skrillex
Wenn man sich nun besonders die DJs anschaut, fällt schnell auf, dass die meisten gerade Mal die Plätze elf bis acht kennen werden. Wer dann noch den Titel des Liedes „Heads Will Roll“ zum Film „Project X“ komplett gelesen hat, könnte noch A-Trak kennen. Dieser hat den Track nämlich zu dem gemacht, wie wir ihn heute kennen.
Fazit: Die DJ Mag Top 100 sind und bleiben ein Popularitäts-Contest. Dort wird nicht akribisch auf die Fähigkeiten am Pult geschaut, sondern nach Bauchgefühl „wen würd‘ ich denn gern‘ da oben sehen“ entschieden. Es ist eigentlich schade, dass ein Wettbewerb mit so viel Potenzial derartig kommerzialisiert wurde und wird. Dankbar kann man als Fan der EDM-Szene sein, wenn wahrhaftige Titanen wie Laidback Luke den Mut neben Hardwell und noch einigen anderen haben, den Mund aufzumachen und ihre Meinung zu sagen - selbst wenn ihnen diese schaden könnte.
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